Die Börse entdeckt den Elektroauto-Aspekt bei dem deutschen Autokonzern Volkswagen. Dessen Vorstandschef Herbert Diess versuchte schon länger, Anleger auf seine ehrgeizigen Zukunftspläne aufmerksam zu machen und erklärte unter anderem, VW sei möglicherweise die zweitbeste Mobilitätsaktie nach Tesla. Anfang März sorgte eine Studie, in der die Elektroauto-Plattform MEB als „voll wettbewerbsfähig“ zu Tesla bezeichnet wurde, tatsächlich für ein sattes Plus der VW-Aktie, und mit dem Power-Tag in dieser Woche ging es weiter nach oben. Ein anderer Analyst warnte jetzt allerdings, Tesla habe bei den Batterie-Plänen immer noch viele Jahre Vorsprung vor Volkswagen.
VW-Vorzugsaktie steigt auf 210 Euro
Volkswagens Power Day an diesem Montag war offensichtlich an den Battery Day von Tesla im vergangenen September angelehnt. Ähnlich wie Tesla informierte das deutsche Unternehmen ausführlich über seine Batterie-Pläne und kündigte an, in Zukunft bei 80 Prozent seiner Elektroautos eine neue Standard-Zelle zu verwenden. Ebenfalls wie Tesla will Volkswagen seine Batterien zum Teil selbst produzieren. Und das Unternehmen kündigte an, seine Investitionen in Ladeinfrastruktur zu erhöhen; Porsche bekommt sogar ein exklusives Ladenetz wie bei Tesla.
An der Börse blieb das nicht ohne Wirkung. Schon die positive MEB-Studie der Bank UBS Anfang März verhalf Volkswagen zum ersten Mal seit 2015 zu einer Marktkapitalisierung oberhalb von 100 Milliarden Euro, wie Konzernchef Diess erfreut auf Twitter festhielt. Der Power-Tag am Montag gab VW-Aktien dann weiteren Schub. Die liquider gehandelte Vorzugsaktie stieg allein am Dienstag um gut 5 Prozent auf Kurse über 210 Euro.
Damit lag Volkswagen beim Börsenwert allerdings nach wie vor weit hinter Tesla mit zuletzt immer noch rund 600 Milliarden Euro Kapitalisierung. Zudem zeigte sich ein Analyst weitgehend unbeeindruckt von den VW-Plänen.
Analyst sieht Tesla weit vorne
Trip Chowdhry von Global Equities Research zählt zu den größten Optimisten unter den professionellen Tesla-Beobachtern. Ende 2020 sagte er auf Sicht von fünf Jahren Kurse bei 4000 Dollar voraus, berichtete Seeking Alpha. Und mit Blick auf die Batterie-Pläne von VW erklärte er jetzt laut Auszügen aus einer Studie bei StreetInsider.com, das deutsche Unternehmen habe mehr als 15 Jahre Rückstand gegenüber Tesla und „null Chancen“ gegen den Elektroauto-Pionier.
Auf die mehr als 15 Jahre kommt Chowdhry, indem er auf das Maß an „institutionellem Lernen“ bei den beiden Unternehmen hinweist. Tesla habe damit 17 Jahre Erfahrung, Volkswagen dagegen bislang gar keine. Das dürfte sich auf Elektroautos beziehen und ist ein schwer zu greifender Faktor, aber der Analyst sieht auch handfestere Aspekte: Bei dem Vorhaben, die Kosten für Batterien um 50 Prozent zu senken, sei VW sieben Jahre hinter Tesla. Beim Aufbau eigener Zell-Produktionskapazitäten soll der deutsche Konzern sogar zehn Jahre Rückstand haben. Und die von VW angekündigten 18.000 Elektroauto-Ladepunkte bis 2025 vergleicht er mit dem Supercharger-Netz von Tesla, das weltweit schon jetzt mehr als 20.000 Ladesäulen umfasst.