Die Gigafactory im deutschen Grünheide dominiert weiterhin das weltweite Nachrichten-Geschehen um Tesla. Mitte Februar wurde bekannt, dass die lokale Bevölkerung Pläne für eine Erweiterung des Geländes ablehnt, und wenig später begann eine Besetzung des zur Rodung vorgesehenen Waldstücks. Anfang März gab es sogar einen wohl terroristischen Anschlag auf die Stromversorgung für Tesla, der die Produktion eine Woche lang stoppte. Zum Wiederanlauf kam in dieser Woche CEO Elon Musk nach Deutschland. Wenig später veröffentlichte die Gemeinde neue Pläne für den Ausbau, die Bedenken der Bevölkerung berücksichtigen sollen – doch die Waldbesetzer bleiben erst einmal.
Tesla-Chef: „Nichts kann uns stoppen“
Am Montagabend meldete der Versorger Edis, dass der Strom zur deutschen Gigafactory wieder fließen kann, nachdem Unbekannte am Dienstag zuvor einen Strommast in der Nähe in Brand gesetzt hatten. „Wir sind zurück“ meldete Tesla dann am frühen Mittwoch auf Twitter, und wenig später bewahrheiteten sich Meldungen, laut denen CEO Musk die Fabrik ein weiteres Mal besuchen wolle. Gegen Mittag landete sein Flugzeug auf dem Berliner Flughafen, bevor der Tesla-Chef in einem Zelt zur Belegschaft sprach und anschließend Brandenburger Politiker traf. Nach ungefähr vier Stunden ging es laut seinem Jet-Tracker weiter nach Paris und dann über London zurück in die USA.
Laut Kurzvideos von der Musk-Rede in Grünheide hatte er dort seinen Sohn X auf dem Arm und sagte unter anderem, „nichts kann uns stoppen“. Journalisten sollten davon laut einem Bericht der Märkischen Allgemeinen nichts mitbekommen: Zunächst waren Teile der Ansprache in einem Zelt vor der Fabrik von ihrem öffentlichen Bahnhof aus zu hören, doch das wurde rasch von einem Security-Team mit lauter Musik aus einem Tesla mit geöffneten Fenstern unterbunden. Bei der Abfahrt konnte ein Reporter am Zaun doch noch die Frage stellen, ob das Unternehmen trotz des Anschlags an seinen Ausbau-Plänen festhalte. „Ja, absolut“, lautete die Antwort darauf.
Neuer Plan für Gigafactory-Erweiterung
Mehr Informationen über den Musk-Auftritt in Grünheide lieferte dann das Handelsblatt, dem offenbar ein Video-Mitschnitt zugespielt wurde. Auch der Tesla-Lkw Semi solle in der deutschen Gigafactory gebaut werden, sagte der CEO laut der Überschrift des Artikels, was vielfach aufgegriffen wurde. Im Text steht allerdings nur, dass Musk den Bau des elektrischen Sattelschleppers in Deutschland als sinnvoll bezeichnete. Konkreter bestätigte er demnach, dass in Grünheide „langfristig“ das nächste Elektroauto von Tesla gebaut werden soll, ein Pkw unterhalb von Model 3 und Model Y, dessen Marktstart Musk zuletzt für 2025 angekündigt hat.
Die Wiederherstellung des Stromversorgung bedeutet allerdings nicht, dass alle lokalen Probleme gelöst wären. Weiterhin halten Aktivisten einen Teil des Waldes neben dem Gigafactory-Gelände besetzt, der für die Erweiterung gerodet werden sollte. Am Freitag verlängerte die Polizei die Genehmigung dieser Versammlung, erteilte aber als Auflage, dass die errichteten Baumhäuser bis Montag abgebaut werden müssen. Die Initiative „Tesla stoppen“ ließ wissen, dass sie der Aufforderung nicht folgen wird. Zu der zuvor teils schon für das Wochenende erwarteten Räumung könnte es also in dieser Woche noch kommen.
Die Gemeinde Grünheide unter ihrem Bürgermeister Arne Christiani unterstützt die Tesla-Fabrik auf ihrem Gebiet mitsamt Erweiterungsplänen. Im Vorfeld der Bürger-Befragung, die dann mit einem deutlich negativen Votum ausging, hatten ihre Vertreter jedoch erklärt, sich an den Willen der Bevölkerung halten zu wollen. Am Freitag präsentierte die Verwaltung überraschend einen veränderten Bebauungsplan, in dessen Rahmen nur etwa 50 Hektar statt 100 Hektar gerodet werden sollen (s. Grafik oben). Trotzdem könnte so der nach Tesla-Angaben dringend benötigte Güter-Bahnhof realisiert werden. Ab Ende dieser Woche wird die verschlankte Planung offiziell ausgelegt. Wie beim ersten Versuch kann die Bevölkerung Stellung dazu nehmen, doch eine weitere Abstimmung scheint nicht vorgesehen zu sein.
Matrix-Licht für Model 3 bis Model X
Erfreulichere Nachrichten kamen in dieser Woche für die Besitzer von Elektroautos von Tesla. Das neueste davon, das unter dem Code-Namen Highland aufgefrischte Model 3, erhielt in Europa schon Mitte Januar ein Software-Update, das die adaptiven Fähigkeiten der Scheinwerfer freischaltete. Die nötige Hardware gibt es aber auch in neueren Model Y, Model S und Model X sowie im Model 3 nicht erst seit der Highland-Auffrischung. Und jetzt begann Tesla laut Trackern mit der Verbreitung seiner Fahrzeug-Software 2024.8, mit der das Matrix-Licht auch diese Elektroautos erreicht.
Die USA müssen darauf noch warten. Auf der anderen Seite bekamen dort in dieser Woche weitere Kunden die neueste Beta-Version 12.3 der Autopilot-Software FSD, von CEO Musk als „großes Release“ bezeichnet, das eigentlich V13 genannt werden müsse.
We believe the risk/reward is extremely compelling at these levels with the AI story/FSD making major strides at Tesla and represents a valuation that could exceed $1 trillion as this next chapter of the growth story plays out. 1Q units sluggish but 2.1 mm still hittable for 24.
— Dan Ives (@DivesTech) March 13, 2024
Der zuletzt schwachen Aktie von Tesla konnte das allerdings nicht auf die Sprünge helfen. In dieser Woche wurde sie weiter von Prognose-Senkungen mehrerer Banken belastet. Wells Fargo wechselte zu einer Untergewichten-Empfehlung bei einem Kursziel von 125 Dollar und erklärte Tesla zu einem „Wachstumsunternehmen ohne Wachstum“. Mit enttäuschenden Auslieferungen in Q1 2024 und weniger als 2 Millionen im ganzen Jahr wird zunehmend gerechnet. Optimistischer als der sinkende Durchschnitt blieb Dan Ives von Wedbush Securities. Er bezeichnete 2,1 Millionen verkaufte Elektroautos in diesem Jahr als möglich und schrieb von bedeutenden Tesla-Fortschritten bei FSD und KI allgemein.
Tesla und VW bei kleinem E-Auto gleichauf
Ebenfalls eher vorsichtig hatte sich am Montag die Analyse-Firma Evercore geäußert. Bloomberg berichtete von einer neuen Studie, laut der am Markt derzeit mehrheitlich erwartet wird, dass der noch namenlose Tesla unterhalb von Model 3 und Model Y in 2026 mehr als 1 Million mal verkauft wird. Der zuständige Analyst stellte jedoch in den Raum, dass dieser Wert erst 2027 erreicht wird, während 2026 maximal mit einer halben Million zu rechnen sei.
Ende Januar hatte CEO Musk den Produktionsstart des neuen Tesla für das zweite Halbjahr 2025 angekündigt, was nach der Evercore-Analyse nicht unrealistisch zu sein scheint. Ab 2026 wäre er dann wohl zumindest in den USA in größeren Stückzahlen zu haben – also im gleichen Jahr, in dem jetzt Volkswagen seinen ID.2 auf den Markt bringen will, wie der Konzern in dieser Woche bekräftigte. Vor einigen Jahren hatten beide Unternehmen Elektroautos für 25.000 Euro schon für 2023 angekündigt, jetzt sind beide stark verspätet, aber damit zeitlich wieder ungefähr gleichauf. Von VW soll 2027 außerdem der ID.1 mit einem Zielpreis ab 20.000 Euro folgen, sagte der Markenchef bei der Jahrespresse-Konferenz des Konzerns.