Nach seiner eigenen Logik und der seines politischen Verbündeten Donald Trump müsste Elon Musk allmählich nachgeben: Erneut kam es in der zurückliegenden Woche zu mehreren gewalttätigen Protesten gegen den Tesla-CEO, der mit Blick auf den russischen Angriff auf die Ukraine fordert, dass das Land eroberte Gebiete aufgibt. Stattdessen blieb Musk, weiterhin unterstützt vom US-Präsidenten, im Offensiv-Modus, definierte die Tesla-Mission neu und rief dazu auf, sich keinesfalls von der weiterhin schwachen Aktie zu trennen. Der Cybertruck erwies sich unterdessen bislang als Flop, beginnend in Deutschland gab es Kämpfe um Tesla-Umfragen, und BYD aus China legte bei Elektroautos technisch vor.
Tesla-Chef soll Richtung wechseln
Nachdem die Tesla-Aktie seit einem Hoch kurz nach dem Trump-Sieg um mehr als 50 Prozent gefallen war, veröffentlichte am Donnerstag einer ihrer größten Fans einen Appell: Tesla mache eine Krise durch, schrieb Dan Ives von Wedbush Securities, der mit 550 Dollar weiterhin das höchste Kursziel für die Aktie hat. Derzeit verbringe der Musk 110 Prozent seiner Zeit mit der Arbeit für Trumps Effizienz-Kommission DOGE. Dadurch sei Tesla zu einem politischen Symbol geworden, und das sei schlecht. Um noch größeren Schaden für die Marke zu vermeiden, müsse Musk „die Richtung wechseln“.
Das hatte der Tesla-Chef angesichts eskalierender Proteste in den USA und anderswo schon mehrmals von anderen gehört, aber auf den neuesten Aufruf schien er zu reagieren. Kurzfristig setzte er eine Beschäftigten-Versammlung an, die nach technischen Problemen auf X zudem erstmals live für die Öffentlichkeit übertragen wurde – was sie eher zu einer Art Presse-Konferenz machte. In einer Ansprache (s. Foto oben) zeichnete der CEO erneut ein positives Bild vor allem mit Blick auf die Zukunft und rief dazu auf, Aktien des Unternehmens nicht etwa zu verkaufen. Außerdem modifizierte Musk die seit langem bestehende und vor kurzem bekräftigte Tesla-Mission.
Musk erweitert Mission um Roboter
Bislang lautete diese, den Übergang zu erneuerbarer Energie weltweit zu beschleunigen. Musk selbst betont schon länger, dass autonomes Fahren für den Wert von Tesla an der Börse jedoch viel wichtiger sei. Im Sommer 2021 kamen überraschend Pläne für humanoide Roboter hinzu, und seitdem hat der Tesla-CEO deren Potenzial mehrmals als noch viel größer als sogar das von autonomen Elektroautos dargestellt. Ungefähr 5000 seiner ersten Optimus-Roboter – eine „römische Legion“ – wolle Tesla in diesem Jahr produzieren, sagte Musk bei dem Termin am Donnerstag, im Jahr darauf zehnmal so viele.
Zudem sprach er seine „Master-Pläne“ an, von denen der erste im Jahr 2006 und der bislang letzte dritte beim Anleger-Tag von Tesla im März 2023 veröffentlicht wurde. Zunächst ging es darin nur um Elektroautos und erneuerbare Energie für die ganze Welt. Am Donnerstag aber erweiterte der CEO die Tesla-Mission auch offiziell um den neuen Roboter-Aspekt: Eigentlich müsse das Thema für den vierten Master-Plan „Überfluss für alle“ lauten, sagte er – humanoide Roboter sollen ein Zeitalter ohne Knappheit bringen. Das sei der „ultimative“ Master-Plan für Tesla, bekräftigte Musk am Freitag auf X.
Tesla-Aktie mit Negativ-Rekord
Der Wedbush-Analyst Ives lobte Musk anschließend dafür, im aktuell schwierigen Umfeld Tesla-Beschäftigte und -Anleger an die Hand genommen zu haben. Der CEO habe genau die Führung gezeigt, die von ihm jetzt benötigt werde. Tatsächlich beendete die Aktie am Freitag zwar eine weitere Woche und damit die neunte in Folge mit Verlusten – die längste Negativ-Serie seit dem Börsengang. An dem Tag selbst schloss sie jedoch mit einem Plus von gut 5 Prozent bei 248,71 Dollar, das nur noch ein Mini-Minus für die gesamte Woche hinterließ.
Den von Ives geforderten DOGE-Kurswechsel aber scheint der Tesla-Chef noch nicht vorgenommen zu haben. Denn im politischen Bereich zeigte er sich weiterhin aggressiv. Die angesehene New York Times bezeichnete er am Freitag erneut als „reine Propaganda“, nachdem sie über ihn berichtet hatte, und freute sich auf die Strafverfolgung von Pentagon-Beschäftigten, die falsche Informationen an die Zeitung weitergegeben hätten. Zudem kündigte Musk eine Klage gegen einen Demokraten-Politiker an, der ihn als inkompetenten Dieb und Nazi bezeichnet hatte.
Umkämpfte Tesla-Umfragen im Netz
Wie polarisiert die Diskussion um Tesla und seinen CEO inzwischen ist, zeigte sich in der zurückliegenden Woche auch ausgehend von Deutschland. Dort hatte das Portal t-online eine Leser-Umfrage gestartet, aus der laut dem ersten Bericht darüber hervorging, dass für 94 Prozent kein Elektroauto der Musk-Marke mehr in Frage kommt. Selbst internationale Medien griffen das auf – aber die ursprüngliche Befragung lief weiter und zeigte plötzlich ein ganz anderes Ergebnis: 70 Prozent wollten einen Tesla kaufen, nur noch 29,2 Prozent schlossen das aus.
https://twitter.com/elonmusk/status/1902040892023734758
Das deutsche Portal vermutete angesichts explodierender Teilnehmer-Zahlen bei der nicht repräsentativen Umfrage Manipulation und schloss sie. Mehr als jede zweite Stimme sei von nur zwei IP-Adressen in den USA gekommen, und nachdem Musk selbst das spätere bessere Ergebnis auf X erwähnte, hätten die Zugriffe erneut spürbar zugelegt. Das Stimmungsbild bei t-online lässt sich seit dem Stopp nicht mehr beeinflussen, aber wer möchte, bekam neue Möglichkeiten dafür: Sowohl der deutsche Stern als auch die britische Financial Times starteten eigene Leser-Befragungen. In beiden Fällen riefen Musk-Anhänger dazu auf, in ihrem Sinn daran teilzunehmen.
Cybertruck-Rückruf zeigt Produktion
Wie es um die Verkäufe und Beliebtheit wirklich steht, wird Anfang April klarer werden, wenn Tesla Daten für das erste Quartal 2025 veröffentlicht. Der Januar und Februar fielen insbesondere in Europa sehr schwach aus, doch das könnte mit der Auffrischung des Model Y zusammenhängen, das erst seit März ausgeliefert wird. In Q1 2024 hatte Tesla knapp 387.000 Elektroautos verkauft, was weniger war als ein Jahr zuvor. Für die ersten drei Monate von 2025 erwarteten Analysten zuletzt rund 400.000 Tesla-Verkäufe, also wieder mehr. Neuere Schätzungen gehen jedoch von einem Verfehlen dieser Konsens-Prognose aus, berichtet investing.com.
Als eher enttäuschend für Tesla erweist sich bislang auch der ehemalige Hoffnungsträger Cybertruck, für den laut Fan-Statistiken mehr als 2 Millionen Bestellungen vorliegen sollten. Der Hersteller selbst macht keine Angaben zur verkauften Stückzahl, sondern fasst sie mit Model S und Model X zu „andere Fahrzeuge“ zusammen. Die Gesamtangabe ließ bereits erkennen, dass der seit Ende 2023 ausgelieferte Cybertruck kein Renner ist. Und nach dem am Dienstag veröffentlichten achten Rückruf für den E-Pickup wurde er von manchen Medien sogar als „Flop“ bezeichnet.
Denn nach den Angaben der US-Verkehrsbehörde NHTSA müssen 46.096 Cybertrucks überprüft werden, weil sich ein angeklebtes Edelstahl-Element über den Türen lösen könne. Der Reparatur-Aufwand dafür mit besserem Kleber dürfte sich in Grenzen halten. Aber der Rückruf betrifft laut der NHTSA alle von November 2023 bis einschließlich Februar 2025 produzierten Fahrzeuge. Damit wurde zugleich klar, dass Tesla trotz der angeblichen Millionen-Bestellungen bislang weniger als 50.000 Cybertrucks verkaufen konnte.
BYD setzt sich technisch vor Tesla
Fast spiegelbildlich zu der von Tesla entwickelt sich in diesem Jahr die Aktie des chinesischen Konkurrenten BYD, der Ende 2023 und 2024 bereits mehr reine Elektroautos verkaufte als der US-Pionier. Einen ersten Schub bekam der vorher lange dümpelnde Kurs im Februar durch die Ankündigung, Funktionen wie bei Teslas bislang überwachtem FSD in die gesamte BYD-Flotte zu bringen, deren Preise in China unterhalb von 10.000 Euro beginnen. Am Montag präsentierte BYD zudem verbesserte Chips, Motoren und Batterien, die Tesla technisch in den Schatten stellen.
Dabei ging es anders als häufig bei dem Musk-Unternehmen nicht um ferne Zukunftspläne, sondern um konkrete Elektroautos, die bereits vorzubestellen sind und weniger als 40.000 Euro kosten. Mit eigenen Siliziumcarbid-Chips für bis zu 1500 Volt und Motoren mit höherer Energie-Dichte und Drehzahl als beim Plaid-Antrieb von Tesla dürften die Limousine BYD Han L und das SUV Tang L die aktuelle technische Spitze bei Volumen-Elektroautos darstellen. Batterie-Fortschritte sollen zudem Laden mit bis zu 1000 Kilowatt ermöglichen. Das ist viermal so schnell wie bislang bei Tesla und bedeutet laut dem Hersteller, dass Laden nicht mehr länger dauern muss als Tanken.