In der zurückliegenden Woche hat Tesla reichlich Daten in Form von Berichten über seine Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft sowie über Unfälle während der Nutzung des Autopilot-Systems geliefert – und mit dem Bau einer speziellen Megapack-Fabrik in China begonnen, während sich CEO Elon Musk in Paris gegen Strafzölle aussprach. Eine Umfrage zeigte unterdessen, dass Tesla in den USA deutlich an Ansehen verloren hat. Europäische Flotten-Kunden bekommen jetzt angeblich spezielle Rabatte und Zusagen, und für Model S und Model X wurde die neue Farbe „Lunar Silver“ eingeführt.
Tesla-Bericht ohne 20-Millionen-Ziel
Am Donnerstag veröffentlichte Tesla zum einen seinen Impact Report für das Jahr 2023, in dem es um die eigenen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft geht. Viel diskutiert wurde vor allem über eine Passage, die darin nicht mehr enthalten ist: In den drei Vorjahren hatte Tesla 20 Millionen Elektroauto-Verkäufe als Ziel für 2030 erwähnt, wovon in dem neuen Bericht nicht mehr die Rede ist. Damit erhärtet sich der Eindruck, dass mit starkem Volumen-Wachstum vorerst nicht mehr zu rechnen ist. CEO Musk dementierte zuletzt einerseits Meldungen darüber, machte aber andererseits wiederholt klar, dass er das größte Potenzial für Tesla in autonomem Fahren und Robotik sieht.
Das 20-Millionen-Ziel enthält der Impact Report nicht mehr, aber auf gut 150 Seiten reichlich andere Daten. Unter anderem kann man ihm eine konkrete Prognose für den Energie-Bereich von Tesla in diesem Jahr entnehmen: Die neu installierte Megapack-Kapazität soll gegenüber 2023 um mindestens 75 Prozent zunehmen. Nach knapp 15 Gigawattstunden im Vorjahr, was bereits mehr als doppelt so viel war wie 2022, sollen es 2024 also etwa 25 Gigawattstunden werden. Eine weitere neue Information aus dem Bericht: Wohl zum ersten Mal kündigte Tesla an, netto null Treibhausgas-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus seiner Produkte anzustreben; ein Zieldatum dafür wird nicht genannt.
Neue Autopilot-Daten, FSD-„Durchbruch“
Ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte Tesla seine neueste Statistik zu Unfällen während der Nutzung des Autopilot-Systems. Mit der optionalen Software FSD für Full Self-Driving sollte es nach früheren Aussagen von CEO Musk schon längst autonomes Fahren beherrschen, was weiterhin nicht der Fall ist. Aber immerhin hat sich die Crash-Quote weiter deutlich verringert. Im ersten Quartal 2024 kam es nur noch alle 7,63 Millionen Meilen zu einem von Tesla registrierten Unfall, wenn die Autopilot-Assistenz aktiv war – der beste Wert seit Beginn dieser Statistik in Q3 2018, als es noch 3,35 Millionen Meilen waren.
Als Vergleich nennt Tesla die Zahl von einem Unfall alle 670.000 Meilen in der gesamten US-Flotte – die eigenen Elektroautos wären mit Autopilot-Unterstützung demnach inzwischen mehr als elfmal so sicher. Direkt vergleichen lassen sich die Daten wohl nicht, aber die Entwicklung innerhalb der Statistik ist klar positiv. Hoffnung auf weitere Fortschritte bis hin zu wirklich autonomem Fahren machte am Mittwoch der CEO von Nvidia, das zuletzt reichlich neue Chips für künstliche Intelligenz an Tesla lieferte: Er sprach von einem „Durchbruch“ bei der Leistung der FSD-Software, die inzwischen bei Version 12 angekommen ist, unterstützt von Nvidia-Infrastruktur.
Tesla verliert in USA an Ansehen
Dennoch muss Tesla auch immer noch reichlich Elektroautos verkaufen, um seine Fabriken weltweit auszulasten. Aus China hieß es am Freitag, dort werde die Produktion von Model Y bis Juni deutlich zurückgefahren. In den USA veröffentlichte das Portal Axios Ergebnisse seiner jährlichen Verbraucher-Befragung zum Ansehen bekannter Unternehmen. Darin lag Tesla zeitweise in der Spitzengruppe, ist zuletzt aber auf Rang 63 von 100 abgerutscht, hinter allen anderen Auto-Herstellern in der Liste. Insbesondere bei der Einschätzung von Charakter, Vertrauen und Ethik schnitt Tesla schlecht ab, was die Publikation in Zusammenhang mit dem umstrittenen CEO Musk stellt.
https://x.com/VivaTech/status/1793668491079290942
Der lieferte am Donnerstag eine weitere Kostprobe seiner Unkonventionalität – und vielleicht seiner Zerrissenheit zwischen Geschäft und Geopolitik. Als Video-Gast bei der Konferenz Viva Tech in Paris sollte er Fragen aus dem Publikum beantworten. Bei einer kritischen zu Tesla von Business Insider weigerte er sich aber, weil es sich dabei nicht um eine richtige Publikation handele. Zu den von den USA beschlossenen Zöllen von 100 Prozent auf chinesische Elektroautos sagte Musk, Tesla habe nicht danach verlangt und sei überrascht davon. Für manche Beobachter kam diese Aussage überraschend, denn noch im Januar hatte er erklärt, ohne Handelsbarrieren würden chinesische Auto-Unternehmen die meisten anderen weltweit zerstören.
Tesla mit Megapack-Fabrik in China
Bei einem Besuch in China Ende April sagte Musk, Tesla sei bereit, die Kooperation mit dem Land zu vertiefen. Am Donnerstag wurde das konkreter: In Shanghai begann der Bau einer als Megafactory bezeichneten Fabrik speziell für den Großakku Megapack, was die staatliche Publikation Global Times als Beispiel für beiderseitig vorteilhafte Projekte trotz zunehmender Feindseligkeit der USA feierte. Bei der Zeremonie bekam Tesla eine erste Megapack-Bestellung aus China. Die neue Megafactory soll wie die erste in Kalifornien auf 40 Gigawattstunden Kapazität pro Jahr kommen, der Start der Serienproduktion ist für das erste Quartal 2025 geplant.
Noch am vergangenen Sonntag veröffentlichte die bei Musk nicht beliebte Nachrichten-Agentur Reuters einen Beitrag, laut dem Tesla Flottenkunden in Europa neuerdings spezielle Anreize bietet – bevor am Mittwoch bekannt wurde, dass die Verkäufe der US-Marke auf dem alten Kontinent in diesem April auf den niedrigsten Stand seit Januar 2023 gefallen sind, während der breite Elektroauto-Markt nach den ACEA-Daten um 14 Prozent zulegte. Laut dem Reuters-Bericht bietet Tesla großen Abnehmern schon seit Beginn dieses Jahres regelmäßig Rabatte an und soll besseren Service und sogar eine Kompensation bei möglichen weiteren Preissenkungen, die sinkende Wiederverkaufswerte bedeuten, in Aussicht stellen.
Neue Farbe für Model S und Model X
Solche Zusagen dürften die US-Elektroautos für Flotten interessanter machen, gehen aber natürlich auf Kosten der Marge. Bei seinen Premium-Modellen Model S und Model X versucht Tesla unterdessen, mit einer zusätzlichen Farbe für neues Interesse zu sorgen. Seit Freitag lassen sie sich in der Lackierung Lunar Silver (s. Foto oben) bestellen, die in Deutschland 2600 Euro Aufpreis kostet und anders als beim Model Y im ähnlichen Quicksilver nicht das vorherige Silber oder Grau ersetzt, sondern zusätzlich angeboten wird. Möglicherweise testet Tesla hier eine neue Ästhetik – relativ normale Elektroautos, die aber in einem Metall-Ton wie der unlackierte Edelstahl-Pickup Cybertruck angeboten werden.