Nach dem Cybertruck im November 2019 stellte Tesla lange kein komplett neues Elektroauto mehr vor, aber in diesem Oktober war es wieder so weit. In Los Angeles veranstaltete das Unternehmen einen Party-Abend unter dem Motto „We, Robot“, bei dem überraschend sogar zwei zuvor unbekannte Modelle zu sehen waren: ein zuvor schon angekündigtes Robotaxi, das den Namen Cybercab bekam, und ein „Robovan“ für bis zu 20 Personen, der ebenfalls völlig autonom fahren soll. Der Produktionsstart des Tesla Cybercab ist laut CEO Elon Musk für 2026 geplant. und zwei Wochen lang können Neugierige es bereits jetzt an ausgewählten Standorten in Europa betrachten.
Cybercab 2 Wochen bei Tesla Berlin
Einer davon ist die Mall of Berlin nahe am Potsdamer Platz in der deutschen Hauptstadt, in der Tesla einen kleinen Showroom betreibt. Für die Cybercab-Präsentation wurde die Fläche von anderen Elektroautos befreit, sodass dem ganz in Gold folierten Robotaxi die volle Aufmerksamkeit zuteil werden kann, wie bei einem Besuch am Donnerstag zu sehen war. In der Filiale stand zudem ein Exemplar des Roboters Optimus, allerdings unbewegt. In Los Angeles hatte Tesla eine ganze Reihe davon aufgefahren. Zum Teil ferngesteuert, agierten sie als Barkeeper oder mischten sich plaudernd unter die Gäste.
Das Cybercab dagegen war nach Angaben von Tesla bei der Veranstaltung auf einem privaten Gelände bereits vollständig autonom unterwegs – in 19 Exemplaren davon konnten Gäste kurze Robotaxi-Fahrten erleben. Auf öffentlichen Straßen wäre das bis auf Weiteres nicht zulässig. Zumindest im Stehen aber kann man das neueste Elektroauto von Tesla ab diesem Freitag (22. November) bis zum 8. Dezember in der Mall of Berlin anschauen. Dafür wurde eine Webseite zur vorherigen Anmeldung eingerichtet. Auch wer spontan kommt, soll eine Chance auf Einlass haben, muss sich dafür aber vor Ort registrieren, hieß es am Donnerstag.
Zweisitzer-Elektroauto mit Flügeltüren
An dem Elektroauto selbst fällt vor allem auf, was daran selbst im Vergleich zu anderen Modellen von Tesla alles fehlt. Als Robotaxi kommt das Cybercab zum einen ohne Pedale zum Bremsen und Beschleunigen sowie ohne Lenkrad, also auch ohne die wenigen Bedienelemente, die darauf bei Model 3 bis Model X vorhanden sind. Darüber hinaus hat es statt vier nur zwei Türen, denn der autonome Tesla ist als Zweisitzer gedacht, und sie lassen sich weder von innen noch von außen mechanisch oder mit Sensoren bedienen. Im realen Einsatz soll das Öffnen automatisch erfolgen, wenn das Robotaxi Fahrgäste bei den Fahrgästen ankommt und wenn ihr Ziel erreicht ist.
Das in Berlin gezeigte Cybercab trägt am Heck ein kalifornisches Kennzeichen mit der Angabe „010“ – es war nach Angaben von Tesla eines von 19 Exemplaren, in denen man in Los Angeles tatsächlich mitfahren konnte. Viele Details an dem Fahrzeug, das als Prototyp bezeichnet wird, könnten sich bis zum Produktionsstart noch ändern. So ist offen, ob es bei den nach schräg oben öffnenden Türen bleiben wird, die spektakulär aussehen, aber potenziell fehleranfällig sind. Mit mehr als zwei Sitzplätzen ist jedoch nicht zu rechnen – 82 Prozent der heutigen Auto-Kilometer würden mit maximal zwei Personen zurückgelegt, erklärt Tesla in einer Presse-Information.
Einziger Tesla ohne Glasdach
Besucher ab Freitag werden das Cybercab wohl nur von außen sehen können, am Mittwoch aber ließ Tesla Medien-Vertreter auch in den Innenraum. Viel zu sehen gibt es darin wegen des auf die Spitze getriebenen Minimalismus allerdings nicht. Vorne in der Mitte prangt ein Bildschirm wie in allen bisherigen Tesla-Modellen – mit 21 Zoll fällt er größer aus als selbst beim Cybertruck mit seinen 18,5 Zoll. Ungewohnt ist dagegen, dass das Cybercab-Dach aus Blech besteht statt aus Glas. Dadurch ist es innen bei geschlossenen Türen relativ dunkel, zumal Tesla auch das Heckfenster weggelassen hat. Auch in dieser Hinsicht könnte die Serienversion allerdings anders aussehen.
Der Kofferraum des Cybercab wird in der Tesla-Information als „riesig“ bezeichnet. Bei dem etwas kürzeren Prototypen (konkrete Daten dazu gibt es nicht) wirkt er in der Realität allerdings kleiner und vor allem schmaler als beim Model Y, für das der ADAC 854 Liter gemessen hat. Nach Angaben von Tesla reicht der Platz unter der mächtigen Klappe des Cybercab für zwei Koffer plus zwei Handgepäck-Stücke; sogar Fahrräder sollen hineinpassen, obwohl eine feste Wand das Gepäck- und das Passagier-Abteil zu trennen scheint.
Die zwei mit schwarzem Kunstleder bezogenen Sitze ähneln Clubsesseln. In dem Berliner Exemplar ließen sie sich mangels Tasten weder verstellen noch verschieben. Das dürfte sich fast mit Sicherheit noch ändern – auch wenn Tesla es vielleicht ebenso wie das Bewegen der Seitenfenster allein über Software steuerbar macht. In Berlin dienten als Behelf versteckte Tasten am Heck, um Kofferraum und Türen zu öffnen und zu schließen. Innen waren als einzige Bedienelemente zwei Tasten in der Mittelkonsole zu erkennen, die ohne Funktion zu sein schienen. Ein Blick auf ein Software-Interface war nicht möglich, weil auf dem großen Bildschirm eine Video-Schleife lief.
Cybercab für 30.000 Dollar nur autonom
Als Preis für das kommende Robotaxi für Zwei nannte Tesla-Chef Musk bei der Veranstaltung im Oktober unter 30.000 Dollar und später sogar um 25.000 Dollar, wobei nicht klar ist, ob sich das nach Abzug der US-Kaufprämie für Elektroautos in Höhe von 7500 Dollar versteht, die Donald Trump als Präsident ab nächstem Januar angeblich abschaffen will. Einen schnittigen Tesla-Zweisitzer im Cybercab-Design, aber für manuelles oder assistiertes Fahren, soll es laut Musk jedenfalls nicht geben. Das wäre blödsinnig, sagte er Ende Oktober, aber wer wolle, könne ein Cybercab kaufen und dann als persönliches Robotaxi verwenden, statt es fremde Fahrgäste befördern zu lassen.
Voraussetzung dafür ist, dass Teslas Autonomie-Software FSD, die seit diesem April den Zusatz „supervised“ trägt, rechtzeitig lernt, deutlich weniger Fehler zu machen als Menschen am Steuer, und eine Zulassung für unüberwachtes Fahren bekommt. In den USA sind die Chancen dafür durch den Wahlsieg des von Musk massiv unterstützten Republikaners Trump zuletzt besser geworden, in Europa aber dürften regulatorische Abkürzungen schwieriger zu erreichen sein. Damit könnte das Cybercab, nachdem Tesla zuvor schon den bislang nur in Nordamerika bestellbaren Cybertruck auf Tour geschickt hatte, in Europa noch eine Weile nach dem US-Start ein Elektroauto für Marketing-Zwecke bleiben.