Tesla und sein CEO Elon Musk sind immer für eine Überraschung gut. Schon die Ende 2019 verkündete Entscheidung, die europäische Gigafactory in Deutschland anzusiedeln, kam völlig unerwartet, und bald darauf wurde bekannt, dass Tesla an dem Standort zusätzlich eigene Batterie-Zellen produzieren will. Auch das kam bei der Politik gut an, und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) stellte eine Milliarden-Förderung dafür bereit. Am Freitag aber ließ Tesla plötzlich wissen, kein Interesse mehr daran zu haben. Und die Gründe blieben zunächst unklar.
Musk erinnert an „lästige Bedingungen“
Einen Hinweis auf die mögliche Motivation für den Verzicht auf die nach Berichten 1,135 Milliarden Dollar lieferte CEO Musk selbst. Auf Twitter erinnerte er daran, dass Tesla grundsätzlich schon immer gegen staatliche Subventionen gewesen sei. Später erinnerte er außerdem an die „lästigen Bedingungen“, die für einen Kredit des US-Energieministeriums 2010/2011 gegolten hätten. Beides erklärt allerdings nicht, warum Tesla dann vorher überhaupt einen Antrag für die Förderung seiner Batterie-Produktion in Grünheide gestellt hat.
Sowohl das Handelsblatt als auch die Financial Times (FT) dagegen veröffentlichten Artikel, die nach ihrer Darstellung die Erklärung enthalten – einander jedoch widersprechen. Tesla sei wegen Verzögerungen bei der deutschen Gigafactory gezwungen gewesen, die Batterie-Förderung abzulehnen, schreibt die britische Zeitung. Nach Regeln der EU, von der das als Eubatin bezeichnete deutsche Programm für insgesamt 42 Unternehmen vorab genehmigt wurde, müssten geförderte Anlagen stets die „erste industrielle Anwendung“ einer neuen Technologie darstellen. Wegen der Verzögerungen bei der Genehmigung des Gigafactory-Projekts in Deutschland werde Tesla seine Batterie-Produktion aber wohl vorher an einem anderen Standort starten.
Tesla könnte Zell-Geheimnisse schützen
In dieser Version kam Tesla also lediglich einer zu erwartenden Rückforderung der Förder-Milliarde zuvor, weil die Voraussetzungen für deren Auszahlung nicht gegeben waren. Aber auch sie überzeugt nicht restlos, weil seit September 2020 bekannt (und wohl schon länger geplant) war, dass das Unternehmen nahe an seinem Stammwerk Fremont eine Pilotanlage für die Produktion seiner eigenen 4680-Batterien aufbaut. Und die ausstehende Genehmigung mag den Start der Produktion von Model Y in der deutschen Gigafactory aufhalten, nicht aber die Batterie-Herstellung, denn das Gebäude dafür wird derzeit noch errichtet (s. Foto von dieser Woche oben).
Konkreter berichtete die Agentur Bloomberg unter Berufung auf eine informierte Person, Tesla habe beschlossen, die Massenproduktion eigener Zellen anders als zuvor geplant zuerst in seiner Gigafactory in Texas anzugehen. Damit falle die Förderfähigkeit des deutschen Projekts weg.
Eine andere Erklärung lieferte das deutsche Handelsblatt unter der selbstbewussten Überschrift „Darum verzichtet Tesla auf milliardenschwere Staatshilfe“. Musk-Sorgen um Betriebsgeheimnisse und das Image hätten den Ausschlag gegeben, steht im Vorspann dazu, aber die Grundlage dafür sind nur Meinungen von Experten. „Möglicherweise“ fürchte Tesla, Forschungsergebnisse mit Konkurrenten teilen zu müssen, wenn sie teils vom Staat finanziert werden, sagte einer davon der Zeitung. Ein Insider (aber wohl nicht bei Tesla) habe erklärt, es sei „gut möglich“, dass das Unternehmen Innovationen nicht preisgeben wolle.
Batterie-Pläne für Giga Berlin bleiben
Als zweiter Aspekt der Tesla-Entscheidung wird in dem Bericht das „Image“ genannt. Kritik an Subventionen für sein Unternehmen reize Musk bis aufs Blut, behaupten die Autoren. Seit einem Bericht darüber im Jahr 2015 habe Tesla außer für die neue Gigafactory in Texas fast keine Staatshilfen mehr angenommen. Aber erstens soll auch für die Fabrik in Deutschland noch ein Förderantrag für mehrere Millionen Euro beim Land Brandenburg offen sein. Und zweitens müsste sich selbst ein unkonventioneller CEO wie Musk zweimal überlegen, ob er nur wegen persönlicher Empfindlichkeiten auf eine kostenlose Milliarde verzichtet – Aktionäre könnten ihm das gegebenenfalls zum Vorwurf machen.
So richtig weiß also außerhalb von Tesla offenbar niemand, warum der Förderantrag für die Brandenburger Batterie-Fabrik zurückgezogen wurde, und Musk selbst äußert sich nicht deutlich dazu. Letztlich wichtiger ist aber ohnehin eine Information, die in der Bestätigung des Wirtschaftsministerium für den Verzicht enthalten war: Unabhängig von der Förderfrage will Tesla seine Batterie-Produktion auf dem Gelände der deutschen Gigafactory weiterhin realisieren.