Wenn Tesla über drahtlose Verbindungen aktualisierte Software für seine Elektroautos verschickt, ist das für die meisten Besitzer ein Anlass zur Freude, denn damit werden Fehler behoben oder neue Funktionen eingeführt. So ist es auch bei der Version 2022.16.1.1, deren Einführung vergangene Woche begonnen hat: Unter anderem soll die Reichweiten-Prognose genauer sein, und Fahrer-Profile sind jetzt mit Spotify-Konten verbunden. Speziell in Europa enthält das Update aber auch eine regulatorisch erzwungene Einschränkung für das Autopilot-System, die für Verärgerung sorgt.
Autopilot-Navigieren braucht Bestätigung
Dass es kommen würde, hatte sich schon abgezeichnet. Anfang Juni berichtete ein deutscher Twitter-Nutzer von einer Probefahrt mit einem Model Y mit der Software-Version 2022.11.102. „Die Funktion Mit Autopilot Navigieren wurde aktualisiert“, hieß es in den Hinweisen dazu. Verfügbar ist sie nur in Teslas, deren Besitzer die FSD-Option für zukünftig autonomes Fahren oder deren Europa-Sparversion EAP gekauft haben. Über die normalen Autopilot-Hilfen hinaus ermöglicht die als NoA abgekürzte Funktion das automatische Wechseln von Autobahnen, wenn es erforderlich ist, um der Route laut Navigationssystem zu folgen. Das tut sie immer noch. Aber anders als vorher muss die Person am Steuer dafür vorher den Blinkhebel antippen.
Die Veränderung ist also nicht riesig – aber trotzdem soll der bestätigungslose Autobahn-Wechsel ab der letzten Mai-Woche Auslieferungen von Tesla-Elektroautos mit FSD- oder EAP-Option in Europa verhindert haben, weil Behörden aufgefallen war, dass er nicht mit geltendem Recht vereinbar ist. Nach Berichten sollte schon Tage später ein Update zur Korrektur fertig sein, aber auf Autos von Kunden wurde es zunächst nicht gesehen. Auch die Verbreitung von Software ab 2022.16.1 begann vergangene Woche nur außerhalb von Europa – enthielt aber schon den Hinweis auf die Autopilot-Einschränkung „in Märkten, in denen europäische (ECE) Vorschriften gelten.
So n Scheiss.. pic.twitter.com/EOZbelwIh9
— davepermen 🌈💉⁴ (@davepermen) June 14, 2022
Ausnahmsweise hätten europäische Kunden darauf sicher gern auch noch länger gewartet, aber ab dieser Woche wurde laut Meldungen auf Twitter auch mehreren von ihnen das Update auf 2022.16.1.1 angeboten. Tracker zeigten ebenfalls eine zunehmende Verbreitung dieser Version in Europa. Grundsätzlich kann man sich entscheiden, die neue Software nicht zu installieren, aber dann bleiben auch die darin enthaltenen Verbesserungen aus. Zudem wird in den Hinweisen zu der veränderten Autopilot-Funktionsweise bei NoA der Ausdruck „Rückruf“ verwendet, der dafür spricht, dass Tesla die Entscheidung zumindest auf Dauer nicht seinen Kunden überlassen darf.
Tesla-Einschränkung von KBA erreicht?
Der Tesla-Hinweis auf ECE-Vorschriften ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass diesem Update eine Intervention von Behörden vorausging. Schon in diesem Februar hieß es, dass das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Spurwechsel-Fragen in Kontakt mit der niederländischen Behörde RDW stehe, bei der Tesla seine Typ-Zulassungen für die EU erledigt. Möglicherweise haben Kunden auf dem ganzen Kontinent die neue Autopilot-Einschränkung also dem deutschen Amt zu verdanken, das sich für eine strengere Durchsetzung internationaler Vorschriften eingesetzt hat.
Zu Ungunsten von Tesla geändert wurden sie, so weit bekannt, zuletzt nicht. Im Gegenteil wird bei der UN-Kommission UNECE an neuen Regeln gearbeitet, die in Europa einen Beta-Test mit neuer FSD-Software erlauben könnten, wie er in Nordamerika schon läuft. Ein Beobachter aus der Software-Branche geht allerdings nicht davon aus, dass das in diesem Jahr regulatorisch schon möglich sein wird. Schon 2019 hatte Tesla mit einem Software-Update Autopilot-Funktionen eingeschränkt (damals auch reguläre) und das mit UNECE-Vorschriften begründet.