Wenn Herbert Diess das noch als Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns erlebt hätte, wäre er in Erklärungsnot geraten: Eigentlich wollte er Tesla bei den Elektroauto-Verkaufszahlen immer näher kommen und 2025 sogar überholen, wie er noch im April 2022 bekräftigte, bevor er im August von Porsche-Chef Oliver Blume abgelöst wurde. Stattdessen hat sich der Abstand von VW auf Tesla bei Elektroautos im vergangenen Jahr sogar vergrößert. BMW und Mercedes wiederum wuchsen stärker als beide, blieben aber eine Klasse kleiner. Ein ernst zu nehmender Herausforderer für Tesla wurde trotzdem erkennbar: BYD aus China.
BYD könnte 2023 vor Tesla sein
Im Jahr 2021 hatte Volkswagen Tesla zumindest beim Elektroauto-Wachstum tatsächlich übertroffen – mit etwa 96 Prozent gegenüber 87 Prozent mehr Auslieferungen auf knapp 453.000. In 2022 fiel die Zunahme der Tesla-Stückzahlen mit rund 40 Prozent auf gut 1,3 Millionen Elektroautos bescheidener aus. Vom VW-Konzern wurde sie aber noch unterboten, wie Zahlen von dieser Woche zeigen: Er verkaufte 572.100 rein elektrische Pkw – also nicht einmal halb so viele wie Tesla und nur 26 Prozent mehr als 2021.
Wie man richtig schnell wächst, macht unterdessen BYD allen anderen vor: Laut einem Bericht von CleanTechnica verkaufte das chinesische Unternehmen im vergangenen Jahr weltweit rund 911.000 reine Elektroautos, fast dreimal so viele wie 2021. Wenn man Plugin-Hybride mitzählt, lag BYD mit 1,86 Millionen Verkäufen in 2022 sogar schon 50 Prozent vor Tesla. Und wenn sich die relativen Wachstumsraten ungefähr fortsetzen, dürfte die Welt in diesem Jahr einen neuen Spitzenreiter auch bei reinen Elektroautos bekommen.
Im Westen dagegen bleiben die Herausforderer rar. Der global zweitgrößte Elektroauto-Hersteller aus Deutschland ist jetzt der BMW-Konzern. Im Jahr 2022 kam die Marke zusammen mit Mini auf 215.755 reine Elektroauto-Verkäufe. Laut einer Mitteilung bedeutete das ein Wachstum um 108 Prozent, doch die Basis dafür war relativ bescheiden. Mercedes steigerte seine reinen Elektroauto-Verkäufe sogar um 124 Prozent – aber nur auf 117.800 Stück und einschließlich smart gut 140.000, geht aus einer Presse-Mitteilung hervor.
Elektroauto-Zwerge und halbe Portion
Verglichen mit Tesla oder BYD sind zwei der drei deutschen Auto-Größen elektrisch gesehen also noch Zwerge und einer eine halbe Portion. Noch vor den beiden Premium-Herstellern BMW und Mercedes (zusammen mit ihren sparsameren Tochter-Marken) dürfte in dieser Hinsicht zudem der europäisch-amerikanische Konzern Stellantis gelegen haben. Bis einschließlich dem dritten Quartal meldete er rund 204.000 Elektroauto-Auslieferungen weltweit in 2022. Die Zahlen für das letzte Vierteljahr stehen noch aus und könnten insgesamt nah an 300.000 führen. Viel mehr als 50 Prozent E-Wachstum dürfte Stellantis in ganz 2022 allerdings nicht erreicht haben.