Der Koalitionsvertrag der neuen deutschen Ampel-Regierung machte in Fragen von Elektromobilität einen guten Eindruck. Ehrgeizig und eigentlich eindeutig gab sich die grün-gelb-rote Koalition unter anderem das Ziel, bis 2030 „mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw“ auf Deutschlands Straßen zu haben. Ein kurzer Passus zu e-Fuels in diesem Zusammenhang verwirrte, aber in einem Interview erklärte der neue Verkehrsminister Volker Wissing vergangene Woche, beim Pkw sei die Entscheidung für Elektroautos längst gefallen. Das löste allerdings einen Kritik-Sturm der Freunde von Synthetik-Kraftstoffen aus. Daraufhin relativierte Wissing seine skeptischen Aussagen dazu – und stellte jetzt sogar das Elektroauto-Ziel im Ampel-Vertrag in Frage.
Minister rückt von Elektroauto-Ziel ab
Mit seinen Aussagen in einem Tagesspiegel-Interview vergangene Woche schien Wissing die FDP-Position zu verlassen, dass E-Fuels für Autos zumindest eine denkbare Option sind. Man müsse Energieträger dort einsetzen, wo sie am effizientesten sind, und beim Pkw sei das der E-Antrieb, sagte er. Der Minister empfahl sogar der deutschen Auto-Industrie, sich ein Beispiel an Tesla zu nehmen, indem sie Elektroautos entwickle, die Begeisterung bei Kunden wecken. Die Entscheidung dafür sei auf EU-Ebene ohnehin schon gefallen, erklärte er.
Das weckte allerdings heftige Proteste aus der Opposition und den betroffenen Branchen. Unter Verweis auf den Passus zu E-Fuels im Koalitionsvertrag wurde Wissing zum Teil Wortbruch vorgeworfen. Im Bundestag sagte er daraufhin, jeder Beitrag zur CO2-Reduktion sei wichtig und Mobilität müsse auch künftig „technologieoffen“ weiterentwickelt werden. Das gelte auch für die mit Hilfe von Strom synthetisierten Kraftstoffe, und zwar nicht nur bei Flugzeugen, Schiffen und Nutzfahrzeugen, sondern auch bei Pkw im Bestand – was dann wiederum Umwelt-Verbände kritisierten.
Das aber scheint den FDP-Minister weniger beeindruckt zu haben, denn in dieser Woche ging er noch weiter in eine Richtung, die Elektroauto-Anhängern nicht gefällt – und die man tatsächlich als Rütteln am Koalitionsvertrag verstehen könnte. „Wir wollen elektrisch betriebene Fahrzeuge haben. Natürlich leistet der Hybrid dazu einen Beitrag“, antwortete er am Montag in einem Interview mit dem Handelsblatt auf die Frage, wie die Regierung das Ziel von 15 Millionen Elektroautos bis 2030 erreichen wolle.
Hybrid-Förderung zunächst verlängert
In dem Vertrag steht wie erwähnt „vollelektrisch“, was Hybride auch zum Nachladen üblicherweise ausschließt, während Wissing sie jetzt mit aufnahm. Das fiel auch dem Interviewer auf und er fragte nach, ob sich das Koalitionsziel auf reine Elektroautos oder auch auf hybride Fahrzeuge beziehe. „Wir sollten den Ehrgeiz haben, so viel Klimaschutz wie möglich zu betreiben“, lautete Wissings ausweichende Antwort darauf. Die Chance, mit einer Klarstellung Vertragstreue zu signalisieren, nutzte er also nicht.
Ende Dezember hatte die neue Regierung in einem ihrer ersten Amtsakte die hohe Förderung für den Kauf von Elektroautos bis Ende dieses Jahres verlängert. Wegen langer Lieferzeiten würden vorerst auch Plugin-Hybride weiterhin mit bis zu 4500 Euro vom Staat gefördert, hieß es dazu. Ab 2023 solle die Subvention aber „deutlich stärker“ am Klimaschutz ausgerichtet werden, belegt durch das Erreichen von Mindestwerten bei elektrischer Reichweite und elektrischem Fahranteil, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen.