Mit seinen an diesem Dienstag vorgestellten Plänen für die Produktion eigener Batterie-Zellen in beispiellosem Volumen hat Tesla die hohen Erwartungen an die zuvor mehrfach verschobene Veranstaltung nach Einschätzung von Beobachtern im Großen und Ganzen erfüllt. Aber zumindest für die Börse war das nicht genug – die Aktie von Tesla reagierte am Mittwoch mit einem Kurs-Rutsch von 10 Prozent auf die Ankündigungen. Tesla-Fans auf Twitter sahen darin schnell einen weiteren Beweis für die Ahnungslosigkeit professioneller Anleger. Aber auch Fachleute aus der Batterie-Szene fanden das eine oder andere Haar in Teslas Zell-Suppe.
Tesla-Lithium nur mit Salz?
Die deutsche Nachberichterstattung zu Teslas großem Tag in Fremont und im Web-Stream wurde von einer Einschätzung des Chemie-Professors und Batterie-Forschers Maximilian Fichtner dominiert. „Selbst wenn das Unternehmen nur einen Bruchteil der verkündeten Zuwächse erreicht, ist das noch weit über dem, was die Konkurrenz hierzulande plant“, lautet sein wohl interessantester Satz in einem Interview mit dem Magazin Spiegel. Das ist auf der einen Seite eine große Anerkennung. Aber der Experte zeigte auch, dass er an manchen der jetzt vorgestellten Tesla-Pläne Zweifel hat. Skeptisch äußerte er sich über die angekündigten reinen Silizium-Anoden und Kathoden ohne Kobalt.
Ebenfalls beeindruckt, aber teils kritischer äußerte sich Simon Moores von der Rohstoff-Marktforschungsfirma Benchmark Minerals. Tesla-CEO Elon Musk habe durchaus echte Innovationen wie die Zelle im 4680-Format ohne den Engpass einer dünnen Lasche zur Strom-Abführung gezeigt, sagte er dem Blog InsideEVs. Teile der Präsentation seien aber auch „vielleichts“ gewesen, etwa der Prozess zur trockenen Elektroden-Fertigung und die geplanten Silizium-Anoden. Und einige Behauptungen des Tesla-Chefs zu Rohstoffen würden sogar „an Fantasie grenzen“, erklärte Moores.
Konkret erwähnte der Benchmark-Beobachter Musks Aussage, allein mit der Zugabe von Speisesalz Lithium aus dem Boden Nevadas gewinnen zu können. Viele würden an solchen Prozessen arbeiten, die aber komplizierter seien als von Tesla dargestellt, und kommerziell einsetzbar seien sie noch nicht. Auch sei Silizium deutlich mehr als „nur Sand“, sodass Moores Tesla nicht glauben will, die Kosten dafür auf ein Zehntel von heute drücken zu können.
Tesla hat sich viel vorgenommen
Mit seiner Ankündigung, Teslas Batterie-Tag werde „ausgesprochen wahnsinnig“, habe CEO Musk für viel Aufregung und Spekulation gesorgt, schreibt in einer weiteren Einschätzung die Rohstoff-Beratungsfirma Wood Mackenzie. Und angesichts der komplett neuen Zelle zusammen mit neuartiger Produktion zu niedrigeren Kosten und eigenen Rohstoff-Pläne sei das kaum übertrieben gewesen. Allerdings würden Musks weit reichende Aussagen auch viele Fragen aufwerfen.
So müsse Tesla erst beweisen, das Lithium aus seinem Vorkommen in Nevada wirklich billiger, schneller und weniger umweltschädlich gewinnen zu können. Dass alle Experten für Mineralogie und Verarbeitung weltweit in jahrzehntelanger Forschung nicht auf dieselbe Idee dafür wie Tesla gekommen sein sollten, sei nur schwer zu glauben. Ebenfalls äußert Woodmac Zweifel an dem Plan, das Graphit in Anoden komplett durch beschichtetes Roh-Silizium ersetzen zu können. Kurz- bis mittelfristig werde in diesem Bereich weiter Graphit dominieren.
Tesla habe sich vorgenommen, eine ganze Reihe von Herausforderungen innerhalb weniger Jahre zu lösen, ziehen die Marktforscher als Fazit, und äußern leise Zweifel daran, dass all das gelingen wird. Aber wie der deutsche Batterie-Experte Fichtner sagt: Selbst wenn Tesla nur einen Teil der angekündigten Pläne umsetzen kann, wäre das ein Sprung nach vorn. Und auch laut Moores von Benchmark würde schon ein Bruchteil davon ausreichen, um den Preis für Batterie-Zellen weiter zu drücken – nur eben nicht ganz so weit oder schnell, wie es sich der Tesla-Chef und seine Aktionäre wohl wünschen würden.