Obwohl die Nachricht dafür zwei Tage zu früh kam, klang sie wie ein Aprilscherz: Volkswagen wolle seine Tochter in den USA in Voltswagen of America umbenennen, um dort die eigenen Elektroauto-Ambitionen zu betonen, hieß es Anfang der Woche. Erst bestätigte VW das noch, schon einen Tag vor dem 1. April kam dann aber die Auflösung, dass alles doch nur ein Spaß sein sollte. Andersherum gab es zunächst keine Anzeichen dafür, dass eine ganz andere April-Nachricht über Volkswagen und Elektroautos als Scherz zu verstehen ist: Laut einem Bericht will ein Joint-Venture des deutschen Autokonzerns in China mit Hilfe von Schadstoff-Guthaben von Tesla dafür sorgen, dass es die dortigen Vorgaben zu Emissionen und Elektroauto-Anteil einhalten kann.
China-Vorgaben zu Emissionen und Elektroautos
Davon erfuhr die Nachrichten-Agentur Reuters nach eigenen Angaben von drei informierten Personen und berichtete am 1. April darüber. Angesichts des Datums und des missglückten Aprilscherzes von Volkswagen an den Tagen zuvor war Skepsis vielleicht angebracht – und auch, weil die Meldung vor diesem Hintergrund eine gewisse Ironie in sich trägt: VW wollte der Welt kurz weismachen, dass seine neue Tesla-Orientierung selbst vor einer Namensänderung nicht halt macht, ist in Wirklichkeit aber nicht einmal in der Lage, aus eigener Kraft die chinesischen Regeln einzuhalten.
Diese sind laut einem Dokument der Organisation International Council on Clean Transportation sogar noch komplizierter als in der EU. Im Kern müssen alle Autohersteller sowohl Vorgaben zu den Emissionen ihrer konventionellen Fahrzeuge erfüllen als auch eine bestimmte Quote an emissionsfreien Autos mit neuen Antriebsarten (NEV) erreichen. Zu hohe Emissionen können mit mehr NEV-Elektroautos ausgeglichen werden. Ähnlich wie in Europa können sich Hersteller mit insgesamt zu schlechten Werten freikaufen, indem sie Guthaben von Konkurrenten übernehmen, die besser sind als die Vorgaben.
Wie schon zuvor in Kalifornien und der EU hat Tesla als reiner und zunehmend großer Elektroauto-Hersteller in dieser Hinsicht auch in China am meisten zu bieten. Und laut dem Bericht von Reuters soll dort auf der anderen Seite dieser Rechnung bald VW mit dem chinesischen Joint-Venture FAW-Volkswagen stehen: Das Unternehmen habe vereinbart, von Tesla Schadstoff-Guthaben zur Erfüllung der lokalen Regeln zu kaufen, schrieb die Agentur.
390 Euro pro Credit von VW an Tesla?
Das Geschäft soll das erste dieser Art zwischen VW und Tesla in China sein. Welchen Gesamtumfang es hat, ist dem Bericht nicht zu entnehmen. Der Preis pro Elektroauto-Credit soll aber 3000 Yuan (etwa 390 Euro) betragen und zuletzt gestiegen sein. Im Januar und Februar 2021 hat Tesla in China rund 34.000 Model 3 und Model Y verkauft, im ganzen vergangenen Jahr waren es knapp 140.000 Model 3. Damit ergäben sich für 2020 maximale Einnahmen von 54 Millionen Euro. Dabei würde es sich allerdings praktisch um reinen Gewinn handeln – und wenn Produktion und Verkauf von Tesla in China in diesem Jahr wie geplant drastisch zunehmen, wäre es entsprechend mehr.
Laut dem Reuters-Bericht hat FAW-Volkswagen im vergangenen Jahr insgesamt 2,16 Millionen Autos verkauft. 2019 soll das Untermehmen der Autohersteller mit der stärksten Abweichung von den Emissions- und Elektroauto-Vorgaben gewesen sein – zusammen mit einem weiteren Joint-Venture von VW in China, SAIC Volkswagen. Bislang hätten sich die Verbrenner-Limousinen und -SUV dieser beiden Hersteller mit VW-Beteiligung als viel beliebter erwiesen als ihre Elektroautos. Volkswagen kommentierte laut Reuters, man strebe strategisch die Erfüllung der Vorgaben aus eigener Kraft an, werde aber Guthaben kaufen, wenn das nötig sei.