Nach drei langen Tagen in der Stadthalle des Nachbar-Ortes Erkner ist die Erörterung von Einwendungen gegen die geplante Gigafactory von Tesla in Grünheide noch nicht beendet. Am kommenden Montag um 10 Uhr werde es weitergehen, teilte das brandenburgische Umweltministerium am Freitagabend mit. Dass die angesetzten bis zu drei Tesla-Tage nicht ausreichen würden, hatte sich schon zu Beginn abgezeichnet, weil Rede-Beiträge immer wieder ausuferten. Eine französische Journalistin hat sich das Geschehen einige Stunden lang angesehen und lobte anschießend die „heldenhafte deutsche Demokratie“ für ihre Geduld mit den Tesla-Gegnern.
Graue Männer und „Tesla Boys“
Die einzige Person, die den langen Ausführungen bislang komplett gefolgt ist, dürfte der Versammlungsleiter sein, ein Beamter aus dem Landesumweltamt. So waren am ersten Tag viele Journalisten bei der Tesla-Erörterung – und einer von ihnen meldete auf Twitter stolz, anders als die Kollegen bis zum Ende durchgehalten zu haben. Auch ein lokaler Tesla-Blogger berichtete den ganzen ersten Tag lang bis kurz vor 20 Uhr aus dem Presse-Zelt, war am Donnerstag und Freitag aber nicht mehr vor Ort (wofür er allerdings berufliche Gründe anführte).
Aber schon der Bericht der französischen Journalistin, die am Mittwoch vom deutschen Tagesspiegel nach Erkner geschickt wurde und immerhin bis mittags durchhielt, lässt erkennen, wie viel Geduld die Vertreter von Tesla und Behörden dort aufbringen mussten. Vorne auf dem Podium saßen demnach „eine ganze Armada von Männern in grauen Anzügen, links weitere Beamte und rechts die „Tesla Boys“, die sie als ein Dutzend schneidiger und schweigsamer Hipster beschreibt.
Montag um zehn steht die Stadthalle #Erkner wieder bereit – danke! – für den 4. Tag der #Erörterung des #LfU zum Bau der #Tesla-Fabrik #Grünheide / #Brandenburg. Am heutigen Freitag waren 56 Einwender*innen gekommen, um Bedenken zum Themenbereich #Wasser vorzutragen. pic.twitter.com/Ohgs8CxPzW
— MLUK Brandenburg (@MLUKBrandenburg) September 25, 2020
Als den Helden des Tages bezeichnet die Journalistin den Leiter der Versammlung. Kaum habe er mitgeteilt, dass 114 Einwender insgesamt 414 Einwendungen vorgelegt hätten, sei auch schon eine Diskussion über den Unterschied zwischen Einwendungen und Einwendern entbrannt. Und so ging es munter und zum Teil laut weiter – bis mittags war es laut dem Bericht noch nicht gelungen, zur eigentlichen Tagesordnung für die Tesla-Erörterung überzugehen.
Heldenhafte Geduld im Tesla-Verfahren
Die öffentliche Erörterung der Pläne von Tesla für das auch Giga Berlin genannte Projekt in Grünheide ist fester Bestandteil der dafür vorgeschriebenen Umwelt-Verträglichkeitsprüfung. Zwar macht die Tesla-Baustelle schon schnelle Fortschritte, doch die wurden bislang nur im Rahmen von mehreren Vorab-Genehmigungen erlaubt. Bei der Erörterung sollen Bürger und Verbände Gelegenheit haben, ihre zuvor eingereichten Bedenken genauer zu erklären und Fragen an Tesla und Behörden zu stellen, direkte Auswirkungen hat sie nicht.
Und genau dieses umständliche und etwas symbolhafte Verfahren nimmt die Reporterin aus Frankreich (obwohl es in ihrer Heimat nicht weniger bürokratisch zugehen dürfte) zum Anlass, in ihrem Fazit die „heldenhafte deutsche Demokratie“ zu loben, personifiziert durch den geduldigen Mann vom Umweltamt. Sie habe ja schon viele Erfahrungen mit gelebter Demokratie und Dialog zum Beispiel bei Elternabenden gemacht und deshalb gedacht, schon alles gesehen zu haben. Aber das war vor dem Besuch bei der Tesla-Anhörung – die jetzt noch etwas länger Gelegenheit bietet, deutschen Behörden-Helden bei der Arbeit zuzusehen.