Nur zwei Jahre brauchte die Anfang 2020 offiziell gestartete Gigafactory von Tesla in China, um bei der Produktion ungefähr mit dem Stammwerk Fremont gleichzuziehen – und nach einer weiteren Umrüstung in diesem Sommer könnte ihre Kapazität zum Jahresende hochgerechnet mehr als 1 Million Elektroautos erreichen, was sogar schon doppelt so viel wäre. Manche Analysten warnen, auf Dauer könne Tesla aus politischen Gründen einen Großteil seines Geschäfts in dem Land verlieren. Doch nach Ansicht seiner Board-Chefin sind die ehrgeizigen Wachstumsziele des Unternehmens ohne China-Präsenz nicht zu erreichen.
Tesla will 10-12 Gigafactorys weltweit
Auf das Thema China und das damit verbundene geopolitische Risiko wurde Robyn Denholm, seit 2018 Vorsitzende des Boards von Tesla, laut einem Bericht von The Advertiser in dieser Woche in ihrem Heimatland Australien angesprochen. „Märkte rund um die Welt sind wirklich wichtig, also ist es wichtig, auf jedem der Kontinente produzieren zu können“, antwortete sie darauf allgemein, aber trotzdem deutlich.
Den Wunsch nach Tesla-Fabriken auf jedem Kontinent begründete Denholm (s. Archiv-Foto oben) mit dem langfristigen Aufbau von Lieferketten, berichtet The Advertiser weiter. Autos sollten erst eine möglichst kurze Distanz hinter sich gebracht haben, bevor sie Kunden erreichen, und das schließe Logistik und Seefracht mit ein, sagte sie. Denn alle diese Vorgänge würden zu den gesamten CO2-Emissionen beitragen.
Seit diesem Jahr dominiert die chinesische Gigafactory die weltweite Tesla-Produktion, und laut CEO Elon Musk dürfte sie von anderen Standorten noch lange schwierig zu schlagen sagen sein. Noch mehr davon will aber auch er: Auf längere Sicht benötige Tesla zehn bis zwölf Gigafactorys weltweit mit einer Kapazität von je 1,5-2 Millionen Elektroautos pro Jahr, sagte Musk bei der Hauptversammlung im August, wobei zwölf „die perfekte Zahl“ sei.
Mehr Produktion in China – und Australien?
Nach Berichten will Tesla die Produktion in China relativ kurzfristig weiter erhöhen: mit einer weiteren Gigafactory nahe der ersten, die für noch einmal knapp 500.000 Elektroautos pro Jahr ausgelegt ist. Beide zusammen würden dann schon den unteren Wert der zukünftigen Musk-Spanne pro Fabrik erreichen. Weder in Amerika als seinem Heimat-Kontinent mit inzwischen zwei Elektroauto-Fabriken noch gar in Europa mit der ersten Gigafactory nahe Berlin für zunächst maximal 500.000 Model Y pro Jahr ist Tesla bislang auch nur annähernd so weit.
Insofern wäre zu erwarten, dass weitere neue Tesla-Standorte bevorzugt im Westen entstehen – dass ihm das China-Risiko bewusst ist, zeigte Musk bei der Hauptversammlung, indem er eine Frage dazu ungewohnt diplomatisch beantwortete. Er selbst brachte konkret Kanada ins Spiel, was aber keinen neuen Kontinent erschließen würde. Für The Adviser waren dagegen die aktuellen Aussagen Denholms in ihrer Heimat ein Indiz dafür, dass dort eine Elektroauto-Fabrik von Tesla entstehen soll. Schließlich ist das Land fast ein ganzer Kontinent und verfügt unter anderem über die größten Reserven des bislang unverzichtbaren Batterie-Rohstoffs Lithium.