Marken des VW-Konzerns machen auf ihrem Weg in die Elektromobilität offenbar gerade Erfahrungen wie zuvor der Pionier Tesla. Bei Porsche geriet Mitte des Monats ein abgestellter Taycan in Brand, was ähnlich viel Aufmerksamkeit erregte wie frühere Fälle dieser Art bei Tesla. Mit dem ID.3 wiederum will VW in diesem Jahr ein echtes Volumen-Elektroautos nach dem Vorbild des Model 3 herausbringen – und steckt damit offenbar gerade in einer Produktionshölle, die ebenfalls Erinnerungen an Tesla weckt.
Das geht aus einem langen Bericht in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Manager-Magazin hervor. Derzeit seien intern und extern mehr als 10.000 Techniker und Ingenieure damit beschäftigt, das VW-Elektroauto pünktlich in diesem Sommer fertig für die Kunden zu bekommen – was viele in der Unternehmensspitze mittlerweile bezweifeln würden. Derzeit sollen in Wolfsburg etwa 50 ID.3 pro Tag entstehen, die dann aber nicht ausgeliefert, sondern auf Halde gestellt würden, weil ihre Software noch nicht richtig funktioniert.
Akku-Knappheit hält selbst Tesla auf
Ein weiteres Problem bei Volkswagen mitsamt den Konzernmarken Audi und Porsche ist laut Manager-Magazin die mangelnde Verfügbarkeit von Batterien. Bei Tesla hat sich deshalb zwar, soweit bekannt, noch kein angekündigtes Elektroauto verzögert. Aber CEO Elon Musk hat ebenfalls bereits erklärt, dass der Partner Panasonic nicht schnell genug mehr Akkus für neue Modelle von Tesla liefern könne (Tesla hat mittlerweile mit LG Chem und CATL zusätzliche Partner in China und erkennen lassen, dass eine eigene Zellfertigung vorbereitet wird).
Auch Volkswagen investiert mittlerweile verstärkt in Batteriezellen, ist für den ID.3 aber noch auf Zulieferungen von LG Chem angewiesen. Und die reichen laut dem Bericht nicht aus, während Zellen von Samsung, die ab Sommer dazukommen sollten, noch nicht die nötige Qualität hätten. Mittlerweile soll es zwischen Audi und Porsche schon einen konzerninternen Kampf darum geben haben, welche Marke die verfügbaren Batterien verbauen darf, den Porsche gewonnen habe.
„Militärisches“ Vorgehen in Wolfsburg
Für den ID.3 treffen unterdessen aktuell jeden Tag um 16 Uhr die beteiligten „Retter“ zusammen, berichtet das Manager-Magazin weiter. Bei diesem zweiten Treffen an jedem Arbeitstag im Werk Wolfsburg werde besprochen, welche der vielen Probleme seit dem Morgen gelöst wurden – die Rede ist von bis zu 300 neuen Fehlern am Tag. Schon würden intern Negativ-Szenarien mit einer Verschiebung der ID.3-Auslieferungen um drei bis zu zwölf Monate kursieren, was vom Umfeld von Konzernchef Herbert Diess allerdings als „totaler Blödsinn“ zurückgewiesen werde. Doch wenn das Elektroauto-Projekt nicht gelinge, werde Diess personelle Konsequenzen ziehen müssen, um sich selbst zu schützen.
Die Rettungsarbeiten seien fast „militärisch“ organisiert, schreibt die Zeitschrift. Das wiederum kann man sich für Tesla schlecht vorstellen. Doch wie CEO Elon Musk berichtet hat, erwies sich der Produktionsanlauf für das Model 3 als so aufwendig, dass Tesla dadurch nur noch Wochen von einer Insolvenz entfernt war.