Die Zahl der Zylinder von Verbrennungsmotoren dient auch als Klassen-Merkmal, wobei dieses Prinzip durch den Downsizing-Trend aufgrund strengerer Abgas-Vorschriften schon ins Wanken gekommen ist. Bei Elektroautos aber ist endgültig Schluss damit, und der oberste inoffizielle Tesla-Jäger des Volkswagen-Konzerns, Audi-Chef und VW-Forschungschef Markus Duesmann, hat schon eine interessante Idee für ein neues Kriterium: Künftig würden Rechenleistung und Intelligenz von Autos darüber entscheiden, ob sie als Premium oder Standard gelten. Auf die Zylinder-Zahl würde also sozusagen die der Rechen-Kerne zur Luxus-Klassifizierung folgen.
Jagd auf Tesla mit Sonder-Team
Duesmann ist wie Konzernchef Herbert Diess von BMW zu Volkswagen gekommen. Als oberster Tesla-Jäger kann er gelten, weil er als Vorstandschef von Audi das Team verantwortet, das explizit (wenn auch intern) mit dem Ziel zusammengestellt wurde, bis 2024 ein Elektroauto auf Tesla-Niveau in jeder Hinsicht zu entwickeln. Es ist nach Artemis benannt, also der Göttin der Jagd, und soll unter der Leitung eines früheren Renn-Ingenieurs und Apple-Mitarbeiters mit vielen Freiheiten und zugleich Zugriff auf Konzern-Ressourcen erst für Audi und dann auch den Rest von Volkswagen schnelle Fortschritte erzielen.
„Bei Digitalisierung hinken wir hinterher“ wiederholte Duesmann in einem aktuellen Interview mit der Nachrichten-Agentur Reuters frühere Aussagen in Bezug auf Tesla. Artemis werde das mit etwa 200 Team-Mitgliedern ändern. Die technische Entwicklung von Fahrzeugen werde nicht mehr nach der Größe organisiert, sondern nach der Elektro- und Elektronik-Architektur, erklärte Duesmann. Die Unterscheidung zwischen Luxus- und Massen-Elektroautos richte sich damit nach der Frage, wie hoch ihre Rechenleistung und wie gut ihre Ausstattung mit Sensoren ist.
Die Vorgabe für Artemis, bis 2024 ein Elektroauto „mit so vielen Funktionen“ zu entwickeln, sei wahrscheinlich beispiellos anspruchsvoll, sagte Duesmann der Agentur. Möglich sei das nur mit einer unabhängig agierenden Einheit. Diese könne aber sowohl auf Wissen und Mitarbeiter im ganzen Volkswagen-Konzern zugreifen als auch auf externe Verstärkung.
Hilfe für Audi von Tesla oder aus China
„Geschwindigkeit ist extrem wichtig“, sagte Duesmann laut dem Reuters-Bericht weiter., Aus diesem Grund würden auch fremde Lieferanten für Komponenten oder Software genutzt, wenn das einen Tempo-Vorteil verspreche. Einen merklichen Rückstand gegenüber Tesla vor allem bei Software haben der Audi-Chef und andere VW-Vorstände zuletzt wiederholt eingeräumt – und Tesla-CEO Elon Musk ließ vor kurzem wissen, andere Hersteller grundsätzlich gern mit allem zu beliefern, was sie für Elektroautos brauchen.
Vor diesem Hintergrund erscheint sogar eine enge Kooperation zwischen Tesla und Volkswagen oder zunächst nur Artemis zur Lösung der Problem-Themen auf beiden Seiten denkbar. Duesmann allerdings machte jetzt erst einmal Andeutungen in eine andere Richtung: China werde eine Rolle spielen, sagte er mit Blick auf eine mögliche Unterstützung durch Dritte, ohne ins Detail zu gehen.