Weitaus unauffälliger als Tesla bringt auch Hyundai die Elektromobilität voran. Schon länger gibt es den hocheffizienten Ioniq mit allerdings recht kleinem Akku, der jetzt sogar zum Kern einen eigenen Elektroauto-Marke werden soll. Mit dem Kona Elektro bietet Hyundai zudem schon ein E-Mobil im gefragten SUV-Format und war damit früher als Tesla mit dem Model Y oder auch VW mit dem ID.4, der bald auf den ID.3 folgen soll. Und seit der elektrische Kona auch in Europa produziert wird, kann man ihn hier auch ohne lange Wartezeiten kaufen.
Konservatives Hyundai-Elektroauto
Wir fuhren einen Hyundai Kona vom reinen Elektro-Vermieter nextmove und testeten, was der Koreaner im Vergleich zu den Fahrzeugen von Tesla zu bieten hat. Die Referenz dabei ist stets unser Tesla Model 3 Standard-Reichweite plus. Es mag eine andere Form haben und zu einer anderen Klasse gehören, aber an diesem Elektroauto müssen sich alle anderen messen lassen, jedenfalls bis das Model Y für Europa da ist.
Sofort beim Einsteigen in den Hyundai fällt auf: Hier steht ein Auto, dessen Hersteller sehr konservativ über Elektromobilität denkt. Eigentlich unterscheidet sich das Cockpit des Kona überhaupt nicht von den Cockpits herkömmlicher Verbrenner. Kein Vergleich zu Tesla. Alles sieht aus wie aus einer vergangenen Zeit: zig Knöpfe, einfache Anzeigen und einfach, aber robust wirkende Oberflächen. In Verbrenner-Kategorien würde man den Kona wohl in die untere Mittelklasse einordnen – hauptsächlich weil er allerlei gut funktionierende Assistenzsysteme an Bord hat.
Kein Front-Platz für Ladekabel
Außen jedenfalls sieht man gut, dass hier kein Verbrenner vor einem steht. Die Front ist komplett geschlossen, einige kleinere Aufkleber zeugen vom Elektroantrieb. Interessanterweise kann man sich einige Bauteile davon ganz genau anschauen: unter der ehemaligen Motorhaube. Diese öffnet wie in Verbrenner-Fahrzeugen üblich und gibt den Blick frei auf einige Komponenten des Antriebssystems. Was wir ganz klar schade finden, denn es scheint, als wäre dort noch Platz – zumindest ein flaches Fach, beispielsweise für die Ladekabel wie in anderen Elektroautos nicht nur von Tesla, wäre durchaus möglich gewesen. Doch so muss man beim E-Kona wohl oder übel den Kofferraum dafür nutzen.
Die ganze Kona-Silhouette wirkt deutlich wie ein SUV. Dessen Vorteile merkt man beim Einsteigen. Man sitzt recht hoch und hat einen wirklich guten Überblick. Das unterscheidet das Raumgefühl im Kona von dem im Model 3. In diesem sitzt man ziemlich tief und eher knapp über der Straße – wer es höher will, muss auf das Model Y warten.
Im Kona-Innenraum fühlt man sich, wie schon erwähnt, nicht wie in einem Elektroauto. Als einzigen wirklichen Hinweis könnte man den fehlenden Schalthebel, der durch vier Tasten ersetzt wurde, verstehen. Das hätte auch mutiger umgesetzt werden können wie zum Beispiel im Honda e, aber so unterscheiden sich die Hersteller eben in Bezug auf ihre Ansätze. Immerhin findet man sich im Hyundai sofort zurecht. Alles ist da, wo man es suchen würde. Auch die Beschriftung der Knöpfe ist gut. Vermutlich muss man dreimal mit dem Kona fahren und weiß anschließend genau, wie alles funktioniert.
Infotainment nicht wie bei Tesla
Wer Tesla gefahren ist, sollte aber keinesfalls dieselben Attribute in Bezug auf Konnektivität erwarten. Auch in Bezug auf das Entertainment ist der Kona im Vergleich eher eine Schwarz-Weiß-Fotografie als ein 3D-Bild in HD. Navi ist vorhanden, aber schon das Display fällt weit hinter die Möglichkeiten zurück, die beispielsweise der Bildschirm im Model 3 bietet. Und die Rückfahrkamera? Im ersten Moment dachten wir, sie ist defekt. War sie aber nicht, sondern hat schlicht kein gutes Bild. Die Wahrheit ist allerdings auch, dass man auf ihr alles erkennt, was man erkennen muss. Ansonsten bietet das System keinerlei Fun-Effekte wie bei Tesla üblich. In unserem Test wurden einige in der Nähe befindliche Ladepunkte angezeigt. Das wars.
Auf der Straße bewegt sich der Kona sehr bodenständig. Wer das Strompedal durchtritt, merkt, dass hier eine gute Portion Kraft im Spiel ist. Die Beschleunigung ist mit 7,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h im Vergleich zu einem Tiguan mit 150 Diesel-PS super. An das kleinste Tesla Model 3 kommt das natürlich nicht heran.
Die Antischlupf-Regelung ist mit der Kraft auf jeden Fall überfordert. Bei uns drehten die Vorderräder ständig durch, obwohl wir das nicht so wollten. So einfach wie im Model 3 ist das Beschleunigen daher leider nicht. Man muss behutsam vorgehen, um die notwendige Balance zu finden. Wir finden das schade, es zeigt aber, dass Hyundai auch hier auf alte Technik setzt: keine Relation zwischen Drehmoment und vorab erkannten Schlupfwerten. Der Kona federt gut, auch wenn man den Eindruck hat, er ist etwas härter abgestimmt. Das passt aber trotzdem und man freut sich über einen kleinen Wendekreis, kleiner übrigens als im Model 3. Der Zwischensprint fühlt sich spritzig an, wodurch Überholmanöver gut möglich sind.
Eine Stufe hinter Tesla Model 3
Was an Assistenz an Bord ist, überzeugt uns. Adaptiver Abstandstempomat, Spurhalteassistent und dergleichen zeigten in unserem Test keine Schwächen. Das ist klasse und durchaus mit Tesla vergleichbar. Zumindest, wenn man das autonome Fahren nicht zum Vergleich heranzieht, das bei Tesla aber auch noch nicht fertig ist.
Der Kona ist keine Ikone. Aber er ist ein bodenständiges Elektroauto, das mit Kraft, Ruhe und Fahrleistungen überzeugt. Er spielt weder fahrerisch noch technologisch in einer Reihe mit dem Model 3. Trotzdem finden wir den Kona insgesamt auch dank genügend Reichweite gelungen. Aktuell gibt es allerdings einen Rückruf für den Elektro-SUV, bei dem wohl auch in Deutschland gelieferte Exemplare wegen Brandgefahr in die Werkstatt müssen.
Text und Fotos: Martin Zink