Eine Infrastruktur zu schaffen, ist als Unterstützung für manche Anwendungen unumgänglich, kostet aber zunächst einmal viel Geld, während die Vorteile erst später deutlich erkennbar werden. Das gilt zum Beispiel auch für Elektroautos, die ohne öffentliche Ladesäulen für Kunden wenig attraktiv sind. Tesla hat das früh erkannt und begonnen, sein Supercharger-Netz aufzubauen, das jetzt in Nordamerika zum neuen Standard werden könnte. Und auf ähnliche Weise soll sich China mit reichlich Ladeinfrastruktur Vorteile im weltweiten Wettbewerb um die Vorherrschaft bei Elektroautos verschaffen.
China wie Tesla mit langfristiger Sicht
Auch in Europa wird die Installation von schnellen Ladesäulen seit langem gefördert, und in Deutschland hat die frühere Bundesregierung ein Vergabe-Verfahren für 1000 subventionierte Standorte in Gang gebracht. Wie bei der Produktion von Elektroautos und Batterien dafür spielt die Musk aber hauptsächlich in China: Laut einer Auswertung der Energie-Marktforschungsfirma BloombergNEF wurden im vergangenen Jahr mehr als 70 Prozent aller neuen öffentlichen Ladesäulen weltweit in dem Land installiert, insgesamt rund 650.000 Stück.
In diesem Jahr soll die Zahl der Neuinstallationen weiter auf nahe an 1 Million steigen, was erneut mehr als doppelt so viel wäre wie im Rest der Welt zusammen. Dazu trägt zum einen bei, dass in China so viele Elektroautos verkauft werden wie in keinem anderen Land auf der Welt. Zum anderen steckt laut BNEF aber auch staatliche Strategie dahinter: Die beiden größten Ladesäulen-Betreiber in China hätten 2022 nur 5-8 Prozent Auslastung gehabt, was kaum profitabel sein könne – aber dennoch könne sich der weitere Ausbau aus nationaler Sicht lohnen, weil es damit im weltweiten Elektroauto-Wettbewerb viel zu gewinnen gibt.
Ähnlich wie Tesla mit seinen Superchargern nimmt China also Verluste in Kauf, um längerfristige Vorteile zu erreichen – und die Regierung ist mächtig genug, um das auch bei privaten Unternehmen durchzusetzen. Laut BNEF ist es dem Land gelungen, Verbraucher-Bedenken wegen zu wenig Infrastruktur schwinden zu lassen. Zusammen mit weiteren unterstützenden Maßnahmen bilde dies die Grundlage für den Erfolg von Elektroautos hauptsächlich heimischer Hersteller auf dem chinesischen Markt. So entstehe eine Basis, von der aus sie zuhause wie im Ausland weiter wachsen können.
EU denkt über Elektroauto-Restriktionen nach
Wie man an BYD sieht, das Tesla in China auch beim Verkauf reinen Elektroautos weit hinter sich gelassen hat und verstärkt in den Westen expandiert, scheint diese Strategie zu funktionieren. Nio baut in Europa sogar nicht nur Ladesäulen, sondern wie in der Heimat ein Netz von Stationen für schnellen Akku-Wechsel, die noch höhere Investitionen erfordern dürften. In der europäischen Politik herrscht einige Sorge, dass in den nächsten Jahren eine ganze Flut von chinesischen Elektroautos kommen und heimische verdrängen könnte. Um das zu verhindern, wird derzeit statt über mehr oder bessere Ladesäulen-Förderung aber offenbar über Import-Restriktionen nachgedacht.