Mit seiner schlicht als 2 bezeichneten Tech-Limousine hat das chinesisch-schwedische Unternehmen Polestar vor kurzem sein erstes reines Elektroauto auf den europäischen Markt gebracht. Wie bislang nur wenige andere Hersteller außer Tesla hat die Tochter von Volvo und Geely Group ihren Polestar 2 von Grund auf als Elektroauto entwickelt, und in Tests bekommt er keine schlechten Noten. Bei der Reichweite aber liegt er wie die meisten sonstigen Alternativen noch merklich hinter dem Tesla Model 3. Das scheint Polestar sehr zu stören, denn mit einer merkwürdig anmutenden Studie versuchte das Unternehmen jetzt, den Tesla trotzdem als weniger effizient hinzustellen.
Spezial-Effizienz für Elektroautos
Zunächst berichtete über den Effizienz-Vergleich mit Polestar, Tesla und drei weiteren Elektroautos offenbar die Online-Publikation cnet in ihrer Roadshow-Rubrik. Darin werden Angaben von Polestar oder einer Auto-Marktforschungsfirma namens FT Tech genannt. Roadshow bezeichnet den Diensteleister als „unabhängig“, erwähnt aber auch, dass der Auftrag für die Studie von Polestar gekommen sei. Eine Presse-Mitteilung zu dem Thema war zunächst weder dort noch auf PR-Seiten zu finden.
Nach dem Roadshow-Bericht ging es bei dem eingehend beschriebenen Test von Tesla, Polestar und Co. unter kontrollierten Bedingungen auf einem abgesperrten Oval-Kurs nicht um die maximale Reichweite der fünf Elektroautos. Stattdessen sollte das Verhältnis von angegebener EPA-Reichweite zum tatsächlichen Wert bei erhöhtem Tempo ermittelt werden. Dies werde von FT Tech beziehungsweise Polestar als „Effizienz“ bezeichnet.
Nach dieser Betrachtung ganz vorn lag demnach der Audi e-tron, der eigentlich als nicht sehr effizient gilt, aber zumindest 92 Prozent seiner 204 EPA-Meilen schaffte. Zweiter wurde schon der 2: Polestar schätzt seine EPA-Reichweite auf 250 Meilen und erfüllte 82 Prozent davon. Dann folgt ein weiteres Elektroauto, das weder mit besonders großem Akku noch mit überlegender Effizienz im engeren Sinn gesegnet ist: Der Jaguar i-Pace fuhr bis zum Stillstand ohne Strom 80 Prozent von 234 Meilen.
Tesla Model 3 bei Reichweite vorn
Mit 79 Prozent Vorletzter wurde der Polestar 2 mit Performance-Option. Aber immerhin schlug er bei der Reichweiten-Effizienz damit noch das Tesla Model 3 (das nur als Performance-Version dabei war), was auch das eigentliche Ziel des Vergleichs gewesen sein könnte. Roadshow verweist in seinem Bericht über die Test-Daten zwar auch darauf, dass „in einer zweiten Betrachtungsweise“ das Tesla Model auch bei 70 Meilen pro Stunde immer noch die höchste Reichweite aller fünf getesteten Elektroautos (234 Meilen und damit 29 Meilen mehr als der Polestar, rund 50 Kilometer) gehabt habe. Jedoch entstehe ein „realistischeres Bild“, wenn man stattdessen darauf achte, wie das Verhältnis von EPA- zu Real-Reichweite aussieht.
Ob Roadshow von Polestar oder dem Dienstleister auf diese Idee gebracht wurde, ist nicht bekannt, sie hört jedenfalls nach einem Versuch an, dem Tesla trotz überlegener Reichweite einen Nachteil anzudichten und dem Polestar 2 einen Vorteil. Denn wie weit ein Elektroauto bei Highway- oder auch deutschem Autobahn-Tempo real kommt, ist gewiss eine wichtige Information, und dass Tesla hier überdurchschnittlich weit von Normen abweichen kann, hat sich schon gezeigt. Insgesamt bleiben seine Elektroautos aber auch bei der realen Reichweite vorn – und das wird Fahrer fast mit Sicherheit mehr interessieren als ein rechnerisches Verhältnis, das den Begriff der „Effizienz“ zudem sehr weit auslegt.