Nach hinten, nach vorne und zur Seite gerichtete Kameras sorgen für maximale Rundumsicht des Autopilot-Systems, ein nach vorn gerichtetes Radar ermöglicht ihm außerdem, bis zu 160 Meter entfernte Objekt zu sehen und darauf zu reagieren. So stand es am Montag auf den deutschen Infoseiten von Tesla zum Model 3 im Web – auf den US-Seiten aber war der Hinweis auf den Radar-Sensor verschwunden. Dass Tesla darauf verzichten würde, hatte CEO Elon Musk bereits angekündigt. Doch dass es offenbar schon jetzt so weit ist, weckte neue Hoffnungen auf baldige Autopilot-Verbesserungen jedenfalls in den USA.
CEO Musk will reines Kamera-System
Die Veränderung zunächst nur auf den US-Seiten von Tesla fiel am Montag mehreren Twitter-Nutzern auf. Wo zuvor auch in den USA das Front-Radar mit seinen 160 Metern Sicht gelobt wurde, hebt Tesla jetzt die „leistungsfähige visuelle Verarbeitung bei zu 250 Metern Reichweite“ hervor. Beim Model Y ist das ebenso der Fall wie beim Model 3, bei Model S und Model X nicht (und in Deutschland noch bei keinem Modell). Auch auf den Themenseiten zum Autopilot-System erwähnt und zeigt Tesla neben den 12 Kameras und den Ultraschall-Sensoren auf Deutsch wie Englisch noch Radar. Laut dem Text spielt es eine „wesentliche Rolle“ für das Erkennen von Objekten vor dem Fahrzeug und das Reagieren darauf.
Aktualisierung: Wie zu erwarten, hat Tesla Text und Bilder zum Radar-Sensor in der Nacht auf Dienstag auch von seinen Autopilot-Seiten entfernt, ebenso wie auf den Bestell-Seiten zu Model S und Model X in den USA. Auf der deutschen Website blieb allerdings vorerst alles beim Alten.
Theoretisch war Radar schon seit Mitte März Geschichte, denn zu dieser Zeit kündigte CEO Musk erstmals an, auf „pure vision“ setzen zu wollen, also nur noch Kamera-Bilder. Nicht einmal als Reserve würden Radar-Sensoren in Zukunft bei Tesla noch verbaut, ergänzte er vier Wochen später. Fast genauso überraschend erklärte Musk, schon die nächste Version der Beta-Software für das Autopilot-System, genannt FSD für Full Self-Driving, werde keine Radar-Daten mehr nutzen.
Teslas FSD Version 9 für Beta-Tester soll nach aktuellen Angaben von Musk jetzt früh in diesem Juni kommen, die schon länger ausstehende Ausweitung des Tests aber nicht vor Mitte des Monats und vielleicht auch Juli oder später. Aber wenn das Autopilot-System in neu bestellten Teslas ab jetzt ohne diesen Sensor arbeitet, müssten all diese Elektroautos eigentlich auch den aktuellsten Software-Stand bekommen, der bislang den wenigen Beta-Testern vorbehalten ist.
4D-Autopilot für Teslas US-Kunden?
Das wäre dann die ersehnte Ausweitung des Programms in einer abgewandelten Form: Kunden mit der gleichnamigen Option FSD, die laut Musk (aber nicht laut Website-Beschreibung) in Zukunft vollautonomes Fahren ermöglichen soll, würden damit zwar nicht unbedingt in den Beta-Test mit der zusätzlichen Funktion Stadt-Navigation aufgenommen. Aber so wie Käufer völlig neuer Model 3 und Model Y könnten sie erstmals die Autopilot-Software in der auf dynamische Schätzungen im 3D-Raum (also 4D) umgeschriebenen Version bekommen, die seit Oktober 2020 mit den Extras im Beta-Test ist.
Ein Teil der aktuellen Beta-Version würde somit als fertige Software herauskommen. Dieses FSD light käme erstaunlich früh, wenn man bedenkt, dass die Ausweitung des Tests schon so lange auf sich warten lässt und dass der Verzicht auf Radar wohl recht grundlegend ist. Für den 3. Juni hat Tesla-CEO Musk vergangene Woche zudem eine Veranstaltung in Fremont zum Liefer-Start für das aufgefrischte Model S angekündigt.
Die Twitter-Wetten stehen jetzt darauf, dass er an diesem Tag zugleich Model 3 und Model Y ohne Radar-Hardware bestätigt – und damit auch die Umstellung des Basis-Autopiloten auf das neue 4D-System. Dann allerdings würde sich die Frage stellen, inwieweit auch Europa davon profitiert. Der FSD-Betatest hat dort noch nicht einmal begonnen. Laut Musk bedeutet schon die Anpassung des Systems an das direkte US-Nachbarland Kanada einigen Aufwand, und auch die steht bislang aus. Den Europa-Start mit der FSD-Beta hatte er zuletzt für Ende des Jahres in Aussicht gestellt.