Der chinesische Begriff Shanzhai erfährt gerade einen Bedeutungswandel: In der deutschen Wikipedia wird er nur als Ausdruck für einen Nachahmer-Markt beschrieben, die englische Version erwähnt schon, dass er heute auch für originelle Innovation in China stehen kann. So oder so hat mit Xpeng ein Unternehmen aus dem Land mit dem P7 ein Elektroauto entwickelt, dessen Technik und Präsentation erkennbar von Tesla geprägt ist. Mit dem P7-Verkaufsstart in China fiel zudem auf, dass die Xpeng-Website dafür der von Tesla zum Verwechseln ähnlich sieht. Aber ein Versuch der Chinesen, ebenfalls wie Tesla mit einem Video für soziale Medien die Leistungsfähigkeit des eigenen Elektroautos zu demonstrieren, schlug jetzt gründlich fehl.
Viele Xpeng-Anleihen bei Tesla
Schon Ende 2018 brachte Xpeng, gegründet 2014 von einem Manager bei dem Auto-Konzern GAC Group, mit dem G3 ein Elektro-SUV auf den heimischen Markt, dessen Instrumentierung frappierend der im Tesla Model X ähnelt – einschließlich großem Hochkant-Touchscreen rechts vom Fahrer und Dreier-Anzeige hinter dem Lenkrad mit einer Auto-Visualisierung in der Mitte. Die jetzt gestartete E-Limousine P7 wiederum ist in der Basis nicht nur billiger als das billigste Tesla Model 3 aus und in China, die Top-Version soll Tesla auch bei der Reichweite übertreffen, wenn auch nur knapp.
CEO Elon Musk hat mehrfach erklärt, dass es fester Teil der Mission von Tesla ist, auch andere Unternehmen zur Herstellung von Elektroautos zu bewegen. 2015 gab er sogar die Patente von Tesla frei: Unter der Bedingung, dass sie nicht missbräuchlich genutzt werden, werde man auf eine Verfolgung ihrer Nutzung verzichten, hat Musk laut Electrek erklärt. Beim eigenen Autopilot-System allerdings ist Tesla weniger freigiebig: Ein früherer Mitarbeiter soll Teile des Codes dafür mit zu Xpeng genommen haben, weshalb Tesla jetzt Einsichtnahme in den der Chinesen verlangt.
Das Imitieren der Website wiederum dürfte kein juristisches Nachspiel haben, denn die Ähnlichkeit ist zwar ungefähr so ausgeprägt wie die bei den Innenräumen von G3 und Model X, dürfte aber ebenso wenig verboten sein. Ohnehin stellen Experten fest, dass große Websites sich immer ähnlicher werden, was nicht an Plagiaten liegen muss, sondern in einer allgemeinen Weiterentwicklung zu mehr Übersichtlichkeit begründet sein könne. Und wie Käufer berichten können, machen die Tesla-Seiten Transaktionen dort wirklich leicht.
Wie Tesla von RWD bis Performance
Auch bei der Modell-Auswahl orientiert sich Xpeng eng an Tesla. Wie das Model 3 gibt es den P7 in einer Basis-Version mit Heckantrieb und kleinerem Akku, für in diesem Fall rund 20 Prozent weniger als das einfachste Tesla-Modell. Es folgt – eine leichte Abweichung zum aktuellen Tesla-Programm – ein P7 mit größerem Akku und ebenfalls nur Heckantrieb für die Rekord-Reichweite von 706 Norm-Kilometern. Ganz oben in der Preis-Liste schließlich steht die Version „4WD High Performance“, also ein sportliches Top-Modell mit Allrad genau wie bei Tesla.
https://twitter.com/JayinShanghai/status/1266742937292951553
Und genau ein solcher Performance-Xpeng sollte jetzt auf einer abgesperrten Strecke in China zeigen, was er kann, wie ein auf Twitter eingestelltes Video belegt. Nur klappte das nicht gut: Mit drei Passagieren an Bord trägt es das Elektroauto schon in der ersten schnellen Kurve weit nach rechts außen. In der folgenden Linkskurve rutscht es sogar über einen Grünstreifen in die Auslaufzone. Dort bleibt es zunächst stabil, aber der Fahrer versucht es weiter mit viel Strom – das Gegenlenken zurück auf die reguläre Fahrbahn misslingt und das Auto landet schwungvoll in der rechten Absperrung.
Verletzt wurde bei dem Unfall dem Anschein nach niemand. Aber wenn er nicht in einem technischen Defekt begründet lag, dann würde das bedeuten: Xpeng mag bei Bedienung, Design und Website von Tesla inspiriert oder sogar geleitet worden sein und vielleicht sogar ein wenig zu sehr beim Autopilot-System, aber die Fahreigenschaften des Originals wurden mit dem P7 noch nicht erreicht.