Bei der auf absehbare Zeit wohl wichtigsten Zukunftsindustrie überhaupt liegen die großen Wirtschaftsblöcke Nordamerika und Europa weit hinter China, das zum Beispiel von der deutschen Regierung immer noch als Schwellenland bezeichnet wird: Nach Angaben der Europäischen Investitionsbank (EIB) verfügt China aktuell über rund zehnmal so viel jährliche Produktionskapazität für Batterie-Zellen, wie sie für Elektroautos und stationäre Strom-Speicher benötigt werden, wie Europa oder die USA. Laut einer neuen Studie holt Europa aber zumindest stärker auf als die USA. Zudem könnte Tesla dem Westen noch weiteren dringend benötigten Schwung verleihen.
Deutsche Tesla-Pläne unkonkret
Über die europäischen Pläne berichtet aktuell das Portal Climate Home News. So soll es nach Daten der Beratungsfirma Benchmark Minerals Intelligence in ganz Europa bis 2030 Gigafactorys (der Begriff wurde erstmals von Tesla für Fabriken verwendet, die mindestens eine Gigawattstunde an Zellen pro Jahr produzieren oder zu Akku-Paketen verarbeiten) mit einer Jahres-Kapazität von 446 Gigawattstunden geben. Dies würde in etwa dem aktuellen China-Wert laut EIB entsprechen und für weltweit Platz 2 vor den USA reichen. Und fast die Hälfte der neuen Kapazität in Europa soll aus Deutschland kommen, laut Benchmark 200 Gigawattstunden.
Die konkreten Pläne von Tesla für deutsche Zellen sind noch offen, sodass sie in den Benchmark-Daten wohl nicht berücksichtigt sind. Zu dem Kapazitätszuwachs in Deutschland dürfte also noch Tesla mit seiner neuen Gigafactory in Grünheide hinzukommen. Brandenburgs Wirtschaftsminister hat vor kurzem bestätigt, dass dort auch Batterie-Zellen produziert werden sollen. Im aktuellen Genehmigungsverfahren und bei den schon laufenden Bau-Arbeiten geht es aber vorerst nur um die Elektroauto-Fabrik (die eigentlich noch gar nicht Gigafactory heißen dürfte, weil Tesla dort nach neuen Plänen nicht einmal mehr Akku-Pakete aus Zellen fertigen will).
Britische Gigafactory für Zellen?
Spekuliert wird bei Climate Home News außerdem über eine mögliche Zell-Gigafactory von Tesla in Großbritannien. Das Land hatte unter anderem wegen des Brexit das Nachsehen bei der Standort-Entscheidung für Europa. Vor kurzem aber war Tesla-Chef Musk dort kurz zu Besuch, und die Regierung sprach jetzt auf Anfrage davon, Großbritannien zusammen mit der Industrie zur bevorzugten Wahl für Elektroauto-Technologie machen zu wollen.
Auch in den USA dürfte Tesla innerhalb der nächsten zehn Jahr eine Zell-Fertigung einrichten – an Platz dafür mangelt es zum Beispiel auf dem neuen Grundstück für die Gigafactory im Bundesstaat Texas nicht. Aber diese Möglichkeit ist bislang noch unkonkreter als die Zell-Planung für die deutsche Tesla-Fabrik. Insgesamt geht Benchmark davon aus, dass die USA bei der Produktionskapazität auch 2030 noch hinter Europa liegen werden – und beide weit hinter China, wo dann jährlich rund 1887 Gigawattstunden Zellen pro Jahr entstehen könnten.
Mit nahezu 2000 Gigawattstunden pro Jahr wäre in China damit schon der Terawattstunden-Bereich zweifach erreicht, den Musk mit Tesla nach eigener Aussage anstrebt. Aber wenn er die eigenen Giga- oder bald Tera-Fabriken dafür in Deutschland, Großbritannien und den USA ansiedelt, könnte er die westliche Welt damit erstmals in die Zell-Führung bringen.