Am Tag der Bekanntgabe 6 Prozent nach unten, danach wieder 8 Prozent aufwärts: So sah ab Donnerstag die Reaktion der Börse auf Daten aus, die zeigen, dass Tesla in 2024 weniger Elektroautos verkauft hat als im Vorjahr. Erschrocken waren Anleger darüber also nicht – und auch nicht darüber, dass sich CEO Elon Musk immer intensiver mit politischen Fragen auch im Ausland beschäftigt. Mit Blick auf Deutschland will er der AfD-Sprecherin Alice Weidel eine Bühne in seinem Sozialmedium X bieten, in den USA nutzte er einen vermeintlichen Anschlag für Cybertruck-Marketing. In China wurde unterdessen eine neue Fabrik für den gefragten Industrie-Speicher Tesla Megapack fertig, und vor Ende Januar soll das überarbeitete Model Y starten.
Tesla verfehlt Prognose für Q4 2024
Dass Tesla 2024 mit den eigenen Elektroautos nicht viel Wachstum erreichen würde, hatte das Unternehmen schon Ende 2023 verraten – man befinde sich zwischen zwei Wellen, von denen die nächste vom Fahrzeug der nächsten Generation getrieben werde, schrieb der damalige Anleger-Chef. Dennoch sagte Tesla im Oktober 2024 zumindest ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr voraus, aus dem aber nichts wurde, wie die am Donnerstag veröffentlichten Q4-Zahlen zeigten. Statt wie erwartet mindestens 500.000 verkaufte Tesla in den letzten drei Monaten 495.570 Elektroautos. Für ganz 2024 ergeben sich damit 1.789.226 Stück, 1,1 Prozent weniger als 2023.
Ein Jahr ohne Wachstum bei Tesla hatte es mindestens seit der Einführung des Model S in 2012 nicht mehr gegeben. So erklärt sich möglicherweise der deutliche Verlust an der Börse am Tag der Veröffentlichung, der den Kurs der Aktie erstmals seit Anfang Dezember wieder unter 400 Dollar drückte. Am Freitag ging es jedoch schon wieder nach oben. Unter anderem hatte die Investmentbank Canaccord Genuity ihr Kursziel trotz der verfehlten Q4-Prognose deutlich erhöht und das mit einer Reihe von längerfristigen Wachstumschancen bei Tesla begründet. Diese sollen bei Elektroautos ebenso zu finden sein wie bei autonomem Fahren und künstlicher Intelligenz, Energie-Speichern und Robotik.
Musk will Co-Chefin von AfD interviewen
CEO Musk selbst betont seit einiger Zeit, dass der eigentliche Wert von Tesla in autonomem Fahren und humanoiden Robotern liege, und stellte das Elektroauto-Geschäft im Juli 2024 als im Vergleich dazu unbedeutend dar. Um den Jahreswechsel herum war er auf X jedoch weniger mit Autonomie-Visionen beschäftigt als mit Politik. Mitte 2024 hatte er begonnen, offen die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten zu unterstützen. Durch die Nähe zum Sieger ist sein Einfluss in den USA gestiegen. Davon macht Musk intensiv Gebrauch – und will jetzt auch in Deutschland der von ihm bevorzugten Seite zum Sieg verhelfen, in diesem Fall der offiziell unter Rechtsextremismus-Verdacht stehenden AfD.
Schon vor dem Anschlag in Magdeburg kurz vor Weihnachten hatte der Tesla-Chef erklärt, nur diese Partei könne Deutschland retten. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete er dann als inkompetenten Idioten, verballhornte seinen Namen und sagte Ende Dezember seine Niederlage bei der Bundestagswahl im Februar voraus. Kurz vor Neujahr setzte Musk seine Angriffe auf die deutsche Regierung fort, indem er Präsident Steinmeier zu einem antidemokratischen Tyrannen erklärte. Außerdem veröffentlichte die Zeitung Welt einen Gastbeitrag von Musk, in dem er sich ausführlicher für die AfD aussprach. Und am Freitag nach Neujahr bestätigte er ein X-Interview mit der Co-Sprecherin Weidel am 9. Januar.
Suizid mit Tesla Cybertruck in Las Vegas
Musk scheint also darauf zu setzen, das Ergebnis der Wahlen in Deutschland wie zuvor in den USA in seinem Sinn beeinflussen zu können. An den letzten Tagen von 2024 und den ersten von 2025 verschärfte der Tesla-Chef außerdem seine Kritik an der britischen Labour-Regierung in Zusammenhang mit Gruppen-Vergewaltigungen durch pakistanische Banden. Laut einem Wired-Bericht verbreitete er dabei auch Falschinformationen sowie Beiträge von Extremisten und anderen umstrittenen Personen. Wer als Beamter an einer Vertuschung der Vorfälle beteiligt war, solle wegen Verrat gehängt werden, forderte Musk unter anderem.
https://x.com/kaaaassuu/status/1874506594425381133
Unterbrochen wurden diese Tiraden auf X am Neujahrstag gegen 18.30 Uhr deutscher Zeit, nachdem sich vor einem Trump-Hotel in Las Vegas eine Explosion ereignete (s. Foto oben), die zunächst als Tesla-Unglück oder als Terror-Anschlag gegen den designierten Präsidenten mit einem Cybertruck verstanden wurde. In der Folge stellte sich heraus, dass es sich eher um einen spektakulär angelegten Selbstmord handelte. Ein 37 Jahre alte Soldat hatte einen Tesla Cybertruck gemietet, die Ladefläche mit Feuerwerk und Benzin-Kanistern gefüllt, vor dem Hotel geparkt und dann wohl die Explosion ausgelöst, bevor er sich selbst erschoss. Laut einem Abschiedsbrief sollte die Tat ein „Weckruf“ sein, kein terroristischer Anschlag.
CEO macht Tesla-Marketing auf X
Bevor die Umstände klarer wurden, berichteten mehrere Medien von einer „Cybertruck-Explosion“ in Las Vegas, was Musk zum Anlass nahm, auf X laut über Klagen gegen derartige Berichterstattung nachzudenken. Wenig später versicherte er nach einer Analyse der Fahrzeug-Daten, der Tesla-Pickup sei nicht nur nicht die Ursache der Explosion gewesen, sondern habe durch seine besondere Bauweise mit Edelstahl-Karosserie sogar dazu beigetragen, dass sie keinen größeren Schaden anrichtete. Der Akku sei bei dem Vorfall nicht in Brand geraten, die Reifen intakt geblieben, und nach einer Reparatur werde Tesla den Cybertruck wieder auf die Straße bringen.
Auf diese Weise betrieb der CEO im neuen Jahr zumindest etwas Tesla-Marketing, während er sich auf X ansonsten vor allem mit Politik in Deutschland und Großbritannien beschäftigte. Einen Kommentar von ihm zu den am Donnerstag veröffentlichten Q4-Verkaufszahlen gab es bis Samstagmittag nicht – und damit auch kein Musk-Lob für ein Element darin, das anders als der Elektroauto-Bereich positiv überraschte: In den letzten drei Monaten von 2024 installierte Tesla 11 Gigawattstunden an stationären Speichern, was den Wert für das ganze Jahr auf gut 31 Gigawattstunden steigen ließ, mehr als doppelt so viel wie in 2023.
Fabrik für Megapacks in China fertig
Hinter dem steilen Speicher-Wachstum steht eine Fabrik in Kalifornien, die ganz der Produktion von Megapacks gewidmet ist, also großer Akku-Module für industrielle Kunden. Die Kapazität der „Megafactory“ beträgt nach Tesla-Angaben 40 Gigawattstunden pro Jahr, wurde in 2024 also schon annähernd erreicht (wobei die 31 GWh von 2024 auch Powerwall-Batterien für Privatleute enthalten). Im neuen Jahr könnte es noch deutlich mehr werden, denn in China nahm Tesla jetzt eine weitere Megapack-Fabrik in Testbetrieb. Sie liegt direkt neben der Gigafactory für Elektroautos in Shanghai und soll bei vollem Ausbau weitere 40 Gigawattstunden jährlich produzieren.
Der Start der Serien-Produktion ist laut CnEVPost für das erste Quartal 2025 vorgesehen. Der Bau der chinesischen Megafactory hatte erst Ende Mai 2024 begonnen, nahm also nur ungefähr sieben Monate in Anspruch. In der neuen Fabrik sollen Megapacks für den globalen Markt hergestellt werden, nachdem Tesla sich damit bislang auf Nordamerika und Australien konzentrierte. Mit Blick auf Elektroautos von Tesla gilt für 2025 bislang die Musk-Prognose von Ende Oktober, dass deren Verkauf um 20-30 Prozent zulegen könnte – wobei er zur gleichen Zeit auch noch leicht steigende Auslieferungen in 2024 vorhersagte.
Neues Tesla Model Y wohl Ende Januar
Zu einer Rückkehr zu Wachstum könnte die Auffrischung des Tesla-Bestsellers Model Y beitragen, über die seit langem spekuliert wird. Aus Europa kamen nach Neujahr weitere Aufnahmen eines getarnten Exemplars auf öffentlichen Straßen – auf denen Beobachter eine Kamera in der vorderen Stoßstange zu erkennen glaubten. Nach den neuesten Gerüchten aus China lautet der Code-Name für die Auffrischung neuerdings Model Y Opal statt zuvor Juniper. Offiziell verfügbar werden soll das überarbeitete Elektroauto dort offenbar ab der letzten Januar-Woche, wie zuvor das Tesla Model 3 Highland zunächst ohne sportlichen Performance-Ableger.
We've just gotten the BEST spyshots of the upcoming Model Y Juniper yet, taken by @motorpuntoes / https://t.co/RqeT2dnZPo
While these don't give any new clues on the design, there are a few interesting details I'll mention in this thread! pic.twitter.com/BgRb17APWG
— Dominic BRNKMN (@DominicBRNKMN) January 2, 2025
Westliche Märkte und die Produktion des neuen Model Y auch in der deutschen Gigafactory dürften dann bald folgen. Deren Chef hatte laut Berichten im Dezember intern angekündigt, dass Anfang 2025 einige Neuigkeiten verkündet werden sollen. Erlkönig-Aufnahmen aus den USA, China und Europa lassen erkennen, dass das elektrische Crossover-SUV wohl hinten wie vorne eine durchgängige Lichtleiste bekommen wird. Außerdem dürfte es wie zuvor das Model 3 die Hebel für Blinker und Fahrmodus-Wahl am Lenkrad verlieren. Veränderungen am Armaturen-Brett sind ebenfalls zu erwarten, denn diesen Bereich hatte Tesla bei allen bisherigen Sichtungen sorgsam verdeckt.