Volkswagen-Vorstandschef Herbert Diess möchte, etwas vereinfacht gesagt, dass der deutsche Konzern wird wie Tesla – mit elektrischen Antrieben, moderner Software, hocheffizienten Fabriken und Twitter-Marketing, sicher auch mit Blick auf die hohe und immer weiter steigende Börsen-Bewertung des Elektroauto-Herausforderers. Wie die jetzt veröffentlichten Volkswagen-Zahlen zum dritten Quartal zeigen, dürfte das aber noch etwas dauern, denn anders als bei Tesla hat dort die Chip-Knappheit voll durchgeschlagen.
VW wie Tesla mit Nachfrage-Überhang
Damit wird VW Tesla auf gewisse Weise tatsächlich ähnlicher, denn beide Unternehmen werden nach Aussage ihres jeweiligen Chefs nicht von zu wenig Nachfrage ausgebremst, sondern von zu wenig produzierten Fahrzeugen. Bei Tesla gilt das laut seinem CEO Elon Musk schon lange und ist der Grund dafür, dass das Unternehmen nicht noch schneller wächst. Und im VW-Konzern war es laut Diess im dritten Quartal 2021 der Fall und sorgte dafür, dass die Produktion gegenüber dem bereits corona-geschwächten Vorjahres-Zeitraum um weitere 33 Prozent zurückging.
So rollten in Q3 2021 letztlich nur 1,6 Millionen Autos von Bändern der Volkswagen-Marken, zu denen auch Audi und Porsche gehören. Verkauft wurden 1,8 Millionen, was einen ähnlichen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr darstellte. Immerhin schien die Modell-Mischung zu stimmen, denn Umsatz und Marge nahmen weit weniger deutlich ab. Dazu könnte beigetragen haben, dass die Zahl der reinen Elektroauto-Verkäufe trotz allgemeiner Schwäche auch absolut gesehen weiter wuchs: auf 122.000 Stück nach 111.000 in Q2 und 60.000 zu Beginn des Jahres.
Im dritten Quartal seien zu der strukturellen Halbleiter-Knappheit für alle Branchen akute Schwierigkeiten hinzugekommen, erklärte nach der Veröffentlichung der Konzern-Zahlen VW-Einkaufsvorstand Murat Aksel. Die bessere Nachricht: In Q4 soll zumindest die akute Knappheit enden, und für Anfang 2022 wird ein etwas höheres Volumen erwartet als in den ersten zwei Quartalen dieses Jahres. Nach Stellantis sieht damit ein weiterer großer Auto-Bauer Chip-Besserung kommen, aber es wäre nicht die erste verfrühte Entwarnung, zumal sie vorsichtig formuliert war.
Giga-Pressen für VW-Werk in Kassel?
VW-Konzernchef Diess nutzte den Q3-Einbruch jedenfalls, um erneut auf die Dringlichkeit des Umbaus hinzuweisen. Vor kurzem hatte er intern auf die viel höhere Effizienz bei Tesla verwiesen und sogar CEO Musk als Video-Gast bei einem Führungskräfte-Treffen präsentiert. Bei seiner Rede zu Q3 ließ sich Diess jetzt immerhin zwölf Minuten Zeit, bis er zum ersten Mal Tesla erwähnte, wie ein Beobachter stoppte.
Später in einer Telefon-Konferenz wurde der VW-Chef erneut auf den jungen Konkurrenten mit der überragenden Bewertung und dessen neue Gigafactory in Grünheide angesprochen. Zu den Innovationen darin zählen so genannte Giga-Pressen, also riesige Druckguss-Maschinen, die bei Tesla an jeweils einem Stück den Front- und den Heck-Rahmen produzieren sollen. Sie wurden bei dem italienischen Maschinenbauer Idra Group entwickelt. Tesla scheint bislang der einzige Kunde zu sein, der sie in dem größten Format nutzt, und hat wohl für den Cybertruck bereits eine noch größere und stärkere bestellt (s. Foto oben). Doch Diess sagte dazu jetzt, auch bei Volkswagen sei ein Einsatz von Giga-Pressen möglich.
https://twitter.com/christiaanhtznr/status/1453712448918212614
Ein Kandidat dafür sei das VW-Werk in Kassel, sagte Diess laut einem ausführlichen Twitter-Protokoll in der Konferenz weiter. Eine Entscheidung darüber sei aber noch nicht gefallen. Die Verwendung solcher Riesen-Maschinen verspreche Spar-Potenzial, doch das sei begrenzt. Das hört sich recht ähnlich an wie das, was vor kurzem in einer Studie der Investmentbanker von Bernstein Research zu lesen war: Tesla spare mit den Giga-Pressen mehr Platz als Geld, aber trotzdem würden 2030 wohl 50 Prozent aller Elektroautos mit ihrer Hilfe gebaut werden, hieß es darin.